HOCH-WEISEL 135
zur gleichen Höhe mit dem Fahrthore eine gemusterte Füllung aus Balken- und
Bohlenstücken, so dass ein schmales Dach das Ganze in gleicher Höhe abdecken
kann. Die Ständer und Balken sind auf den Vorderflächen von der Zimmermannsaxt
an den Rändern mehr oder weniger reich verziert; auch finden sich hie und da
noch Farbenspuren vor. Diese Verzierungen verrathen das Alter dieser Thore;
die schönsten sind die ältesten, und es lässt sich an ihnen der sinkende Geschmack
der Volkskunst bis zur Stunde verfolgen. Die aus der Gegenwart stammenden
Thore — zeigen keine Verzierungen mehr! Bei dem Hochweiseler Hause hat dieser
Thorweg einem Umbau weichen müssen, im Uebrigen ist die typische Anlage voll-
ständig bewahrt worden: In den Hof eintretend, hat man an der einen Seite das
Wohnhaus und an der andern die Wirthschaftsgebäude. Das Wohnhaus ist über
eine Treppe vom Hofe aus zugänglich. Der Hauptraum öffnet sich mit 2 oder
4 Fenstern nach der Strasse zu und liegt einige Stufen höher als der Flur. Die
Küche liegt dem Eingang gegenüber, wobei der Flur sich durch die ganze Breite
des Hauses oder nur bis zur Hälfte derselben erstreckt; das erstere ist hier der
Fall. Wie malerisch ein solcher Flur sich gestalten kann, beweist der Flur unseres
Hauses und der ihm ähnliche bei der Besprechung von Pohlgöns im Bilde mitgetheilte.
Ein zweiter Typus der bäuerlichen Wirthschaftsanlagen scheint jünger zu sein.
Bei diesem steht das Wohnhaus mit der Langseite nach der Strasse zu und hat
in der Mitte eine Thorfahrt. Die Wirthschaftsgebäude umschliessen hier gleichfalls
den. Hof:
Die Inschrift über der Hausthür des Hochweiseler Hauses lautet:
BEWAHR - DIS: HAVS-O - HERR - VND- GOT
AUCH - ALLER: IN : VND : AVSGANG - FREV : VND - SPAT
FREITAG DER- IST-DER 26-IANVARII-IST-DIS-HAVS
AVFGERICHT | 0. WORDEN
ANNO ra sen | DNI 1571.
In Hoch-Weisel war ehemals ein Begurnenhaus von grösserer Bedeutung.
Es findet sich zuerst in einer Urkunde von 1366 erwähnt. 1536 wurde auf Befehl]
des Landgrafen Philipp durch Heinz von Luther und den Superintendenten Adam
Kraft »das Susterhaus zu einem Spitall verordnet«. 1689 wurde nach Abgang des
letzten Vogts die Haushaltung aufgehoben und 1731 war das Spital in Verfall
gerathen. Ein Armenfonds für die zum Amte Butzbach gehörigen Dörfer führt
noch heute den Namen Klausenfonds. Das Pfarrhaus zu Hoch -Weisel bewahrt
eine Anzahl von Pergamenturkunden mit Wachssiegeln, welche Schenkungen und
Vermächtnisse an die Klause betreffen; die älteste derselben ist vom Jahre 1387.')
t) Vgl. auch Wagner, die vormaligen geistl. Stifte etc., Bd. I. S. 273 etc.
SB
Beguinenhaus