KREIS FRIEDBERG
Thorbau Bei der äusseren Einfachheit der Schlossbauten wirkt um so überraschender
" ein reizender Thorbau (Fig. 95), der südlich von der Abtswohnung im Stile des
späten klassischen Barock errichtet ist. Derselbe besteht aus einem schwereren
Untergeschoss mit der oben im Korbbogen geschlossenen Thorfahrt, einem leichteren
Obergeschoss und einem Mansardendach mit Kaupen und urnenartigen Bekrönungen
auf den Ecken. Die Quadern, die toskanischen Pilaster des Untergeschosses, das
kräftige Gurt- und das Hauptgesims, die ionisirenden Pilaster, die rundbogigen und
spitzen Giebel des Obergeschosses und das Gebälk über den Pilastern und der
runde Giebelabschluss der beiden Hauptfronten mit Wappen, Wappenthieren und
Ornamenten im Felde und einer Urne als Bekrönung sind in edler massvoller Weise
aus Sandstein hergestellt, und zwar so, dass die Hauptgliederungen vor den übrigen
Auch die Ornamentik der Felder über und unter
Roll-,
An der
"' in richtiger Weise hervortreten,
den Fenstern und am Fries der Aussenfagade,
Muschelwerk und Masken besteht, ist recht ruhig und massvoll gehalten.
ih Ostseite, nach dem Garten des Abtshauses zu, hat dieser Bau einen apsidialen
runden Vorbau, der unter der Dachlinie mit einer Balustrade endigt und heute
) Welcher Meister dieses kleine
die aus Band-, Ranken-,
gleichfalls mit gebrochenem Dache überdeckt ist.
Kunstwerk der Architektur erbaut hat, wissen wir nicht; eine Inschrift über dem
Thore der Hofseite belehrt uns aber in einem Chronostichon aus zwei Hexametern
über die Zeit und den Abt, der es errichten liess. Dieses lautet:
PrxzsIDIo GoDsrrIDE TVo PATRONE PERENNI
CONSERVA HAS PORTAS PORTIS NOS HISCE TVERE
Das Jahr der Erbauung ist hiernach 1719; der damalige Abt war Andreas
Brandt, dessen Wappen auch mehrfach an dem Baue angebracht ist. Das rund-
bogige Barockportal des seitlichen runden Vorbaues führt über eine steinerne
Wendeltreppe, deren obersten Geländerpfosten ein stehender Löwe mit dem
u Wappen des Abtes Brandt bildet, in den über der Thoröffnung gelegenen Saal,
der eine mit leichten Stuckarbeiten geschmückte Spiegeldecke im Stile der Zeit hat.
Im Uebrigen bietet das Dorf Ilbenstadt Bemerkenswerthes für uns nicht.
Wir haben nur noch die lebensgrosse Statue des hl. Nepomuk aus Sandstein zu
. erwähnen, die neben der Brücke über die Nidda am Eingange des Dorfes steht.
Sie ist gleichzeitig mit den Figuren der Kirche und wie diese virtuos ausgeführt,
ohne höheren Kunstwerth zu beanspruchen.
Südöstlich von Ilbenstadt liegt der Nonnenhof, ein ehemaliges Frauenkloster
der Prämonstratenserinnen, das Nieder - Ilbenstadt hiess und Jahrhunderte lang auch
den Beinamen Engelpforte führte. Die Pröbste und Aebte zu Ober- Ilbenstadt waren
auch die Vorsteher dieses Klosters, dessen in Gemeinschaft mit jenem zuerst 1166
Erwähnung gethan wird.!) Heute gehören die noch stehenden ehemaligen Kloster-
\ gebäude zu dem von einem Pächter bewirthschafteten Gutshofe, der gleichfalls
Der Nonnenhof
Eigenthum des Hauses Altleiningen -Westerburg geworden ist.
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1) Wagner, die vormaligen geistl. Stifte im Gr, Hessen, Erster Band S. 135. (Würdtwein), die Abb. Ilben-
stadt, 5I—54.