Full text: Kreis Friedberg ([C, 2])

  
  
NIEDER - WEISEL 225 
Nachrichten über den Bau, sowie über die früheren Comthureigebäude, zu denen er 
gehörte, fehlen.) Die Comthurei bestand bis zur Aufhebung des Ordens im Jahre 
1803 und wurde damals von einem Amtmanne verwaltet. Im Jahre ı811 erkaufte 
ein Herr von Wiesenhütten das Commendegut nebst den zugehörigen Gebäuden, 
von denen das Haus neueren Datums war. Die Kirche, welche ein neues Dach 
erhielt, wurde nun zu einem Kuhstalle eingerichtet und auf’s scheusslichste demolirt: 
in die Chormauern wurde eine Thüröffnung gebrochen, die zur Folge hatte, dass 
das Gemäuer nachgab und die gesammten Gewölbe einen von Osten nach Westen 
laufenden Riss erhielten; die Pfeiler wurden ohne Rücksichtnahme angehauen, wie 
es die Einstellung des Viehes erforderte, und das gesammte Innere, das damals 
noch deutliche Malereien gezeigt haben muss, unnachsichtlich dem neuen, land- 
wirthschaftlichen Zwecke geopfert. Dass die Kirche heute noch bis zu diesem 
Grade erhalten dasteht, dass eine Restauration ohne grosse Mittel leidlich zu er- 
wirken ist, das verdanken wir dem vortrefflichen Material — dem Basalt-—, sowie der 
sorgsamen und sauberen Ausführung der Mauern und Gewölbe. 1864 sollte die 
Kirche auf den Abbruch versteigert werden; die Verhandlungen zogen sich in die 
Länge, bis sie endlich im Jahr 1868 vom Grossherzogthum Hessen als Eigenthum er- 
worben und 1869 der hessischen Abtheilung des Johanniterordens behufs ihrer Er- 
haltung durch Schenkung überwiesen wurde. Es erfolgte nunmehr eine oberflächliche, 
bloss technische Restauration des Bauwerkes, welche seinen Bestand für die nächste 
Zeit sicherte. Eine künstlerische Wiederherstellung in pietätvoller Weise ist bei der 
Erhaltung der wesentlichsten Bauformen verhältnissmässig leicht zu ermöglichen. 
Die Johanniterkirche ?) ist eine. von den wenigen Doppelkirchen, die wir 
unter den Langbauten in Deutschland besitzen. Ihr Stil neigt zwar noch dem 
Romanischen zu, doch lässt die Anordnung des Spitzbogens bei den Gurtbogen der 
Seitenschiffe, das Knospenkapitäl und Anderes die Einwirkungen der Uebergangs- 
zeit erkennen. Der uwlere zur ebenen Erde gelegene Raum ist eine dreischiffiige 
Hallenkirche mit einer Vorhalle und drei Apsiden. (Fig. 144). Die Vorhalle 
hat seitlich zwei niedrige Nebenräume, von denen nur noch der nördliche voll- 
ständig erhalten ist. Erstere ist wie die Mittelschiffjoche überwölbt; von letzteren 
hat der nördliche gleichfalls noch die alte Ueberwölbung, die halb als Tonnengewölbe, 
halb als Kreuzgewölbe gebildet ist; dass der südliche Raum ebenso überwölbt war, 
ist aus den vorhandenen Ansätzen des Gewölbes noch zu erkennen. Diese Seiten- 
räume hatten ihre Zugänge von dem Langhause der Kirche her, der erstere mit 
schlichter Bogenöffnung, der letztere mit einem Doppelbogen, der durch eine Zwerg- 
säule mit ornamentirtem Knospenkapitäl und Kämpferaufsatz gestützt wurde. Da 
diese Construction für die Last der Mauer und des Gewölbes zu schwach erschien, 
so mauerte man nachträglich die eine Bogenöffnung zu und verstärkte zugleich die 
Mauer, wodurch die Säule von Mauerwerk umschlossen wurde. Auf den Gewölben 
ı) Jedoch wollen wir auf die leider keine klare Vorstellung erweckende knappe Schilderung der Comthurei- 
gebäude aus der Mitte des 16. Jahrhunderts in dem Werke: Bartholomäi Sastrowen Herkommen, Geburt und Lauff 
seines gantzen Lebens . . . von ihm selbst beschrieben, hrsg. von Mohnike, I. Greifswald, 1823. S. 284, wenigstens 
hinweisen. Hiernach bildeten jene einen Hofbau, der von einem tiefen Wassergraben mit einer Zugbrücke umgeben war. 
2) Abgebildet in dem Werke: »Denkmäler der deutschen Baukunst; dargestellt von dem hessischen Vereine 
für die Aufnahme mittelalterlicher Kunstwerke.«e 4 Tafeln. 
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Bauliches 
Die Unterkirche 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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