294 KREIS FRIEDBERG
Kirche emporsteigen. Ueber dem aus Wulst und Platte sich zusammensetzenden
Sockelgesims zeigt der Mittelbau links und rechts auf hohen Postamenten je zwei
mächtige Rundsäulen mit reich gegliederten Basen und ionisirenden Kapitälen,
die Seitenbauten je zwei Pilaster mit entsprechenden Kapitälen; sie tragen einen
dreitheiligen Architrav mit Verkröpfungen und ein Gesims mit Zahnschnitt, Eierstab
und stark vortretender Platte mit Karnies; der Mittelbau zeichnet sich durch Ge-
simskonsolen noch besonders aus; er trägt vor dem Mansardendach des Baues ein
spitzbogiges, mit Schiefer bekleidetes Feld. Thüren und Fenster sind mit profillirten
Wandungen eingefasst, die oben, bei den Fenstern über den Seitenportalen auch
unten, mit einem Halbkreis hervortreten. Jene Säulenarchitektur und diese Um-
rahmungen sind aus Sandstein hergestellt, die Felder zwischen ihnen verputzt.
Ueber dem Mittelportal ist eine Tafel mit dem Namenszuge der Erbauer, zweier
Grafen von Solms-Braunfels, und einer Inschrift angebracht. Letztere lautet:
»Unter der Regierung und mit Hülfe des hochgebornen Grafen und
Herrn Herrn Wilhelm Moritzen Grafen zu Solms-B. etc. ıst diese Kırche auf
dem Burgplatz zu bauen angefangen, unter der Regierung und auf gnädıge
Anordnung des hochgebornen Grafen und Herrn Herrn Friedrich Wilhelm
Grafen zu S. B. durch Donation des Herrn W. V. Pappenheims 6000 F. wıe
auch auf Kosten der Gemeinde ausgebaut worden.
Anno 1740.
Uebrigens tritt die Fagade vor die Fluchtlinie der West- und Ostmauer ein
beträchtliches Stück vor, wodurch die Annahme, dass die Fagade ursprünglich nicht
als Facade der Kirche gedacht war, ihre Bestätigung erhält.
Der zu der ehemaligen Burg gehörige Rundthurm hat einen zweistöckigen
achteckigen Aufbau mit Laterne und Zwiebeldach.
Von den drei Glocken stammt die älteste aus dem Jahre 1775. Sie ist
mit einer ausführlichen Aufschrift bedeckt; diese lautet: Unter der Regrerung
des hochgebornen Grafen und Herrn Friedrich Wilhelm G. 3. Solms Braun-
fels und Tecklenburg, . . . . (es folgen die Namen des Geistlichen, Schult-
heisen und Bürgermeisters). Durchs Feuer floss ich Philipp Schweizer von
Werdorf g05s mich.
Wann ich lass hören meine Stimm
Ein Feder es zu Herzen nımm
Und lauf begierıg an den Ort
Mo man verkündet Gottes Wort.
Lasst euer Herz nıcht sein verstockt
Wann Gott der Herr euch durch mich lockt.
‚So Gottes Wort gepredigt wırd.
Ach denkt es ıst der gute Hhırt
Der euch ruft auf dıe Seelen Weıd
Zu eurer Seelen Schgkeit.
Amen.
1775: