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gelegenen Häusergruppen kenntlich. Noch ist hier eine stattliche Zahl älterer Häuser
in malerischer Anordnung vorhanden, die aus Fachwerk erbaut, aber verputzt oder
mit Schiefer bekleidet sind. Die meisten derselben, die zum Theil mit geschwun-
genen Rändern aufsteigende Giebel haben, sind dem Platze zugewendet und durch
schmale Gassen von einander geschieden; die andern sind mit giebelbekrönten
Aufbauten versehen. Zwischen ihnen (Fig. 35) ragt mit dem höchsten Giebel und in
stattlicher Breite.das Rathhaus hervor, das nach dem Platze zu aus Fachwerk er-
baut und mit Schiefer bekleidet ist. Ueber dem Giebel zeichnet ein Thürmchen
es vor den Privathäusern aus. Das Zifferblatt der Uhr trägt die Jahreszahl 1630.
Ein seitlich nach einer Gasse zu aus Stein erbauter Treppenthurm, der innen
rund, aussen eckig ist, unter andern ein kleines Spitzbogenfenster und eine stei-
nerne Spindeltreppe hat, führt zu dem oberen Stockwerk, wo noch einige Büge
schlichte Schnitzarbeit zeigen. Im hinteren Theile des Rathhauses sind die zwei
frühern untern Stockwerke zu einer Markthalle umgebaut. Die beiden Thüröff-
nungen derselben haben spitzbogige profilirte Wandungen aus Lungstein; die in
den Hof führende trägt auf der äussern Seite der Wandung das Eppenstein’sche
Wappen; auf einem der niedrigen rechteckigen, nach der Gasse zu gelegenen
Fenster steht die Jahreszahl 1.5.6.0.})
Von den übrigen Häusern am Marktplatze haben wir noch das Gasthaus
»zum Löwen« hervorzuheben. Dasselbe hat über dem Thoreingange einen vor
zwei Stockwerken aufsteigenden rechteckigen Erker, der auf zwei an den Seiten
der Thorfahrt stehenden ionisirenden Holzsäulen ruht. Das Dach des Hauses
trägt über dem Erker einen Giebelaufsatz; auf dem Firste ist eine eiserne Wetter-
fahne mit Löwen und zwei Wappen angebracht. An der Brüstung des untersten
Erkerstockwerkes befindet sich ein rechteckiges Füllungsbrett mit Fruchtguirlanden,
welche zwei ovale Wappen umschliessen, von denen das eine eine Hand mit
dreitheiligem Zweige, dessen Enden Blätter mit Eicheln bilden, das andere auf
einem Berge einen springenden Hirsch zeigt. Seitlich werden die Schilde von
aufrecht stehenden Löwen gehalten. Links und rechts von dieser Holzschnitzerei
befinden sich zwei andere unter den Fenstern des Hauses, deren Medaillons von
Ranken und Blättern, Früchten, Vögeln und anderen Thieren belebte Umrahmungen
haben. Die breiten Medaillons zeigen je eine Putte mit einem Blumenkörbchen.
Spuren ehemaliger Bemalung dieser Holzschnitzereien sind noch zu sehen.
Der alte 1575) errichtete Marktbrunnen ist vor einigen Jahren des Verkehrs
wegen beseitigt worden. Seine Säule mit den 4 Ausflussröhren hat man zu dem
neuen wenig schönen Bassin verwerthet. Dieselbe ist aus Sandstein, achteckig
und konisch, am Schafte mit von Perlenschnüren umrandeten Feldern verziert, hat
unter dem eingezogenen Halse einen Fries aus Masken, Früchten und Bandwerk
in Relief und ein korinthisirendes Kapitäl mit schilfblattartigen Blättern und Voluten.
Der auf der Säule auf rundem Postamente stehende zwerggestaltige Ritter in
1) 2 Rechnungen über den Rathhbausneubau, die sich unter den Stadtrechnungen befinden, sind datirt von
1559 und 1560. In den folgenden Jahren sind die Ausgaben für den Neubau oder dessen Vervollständigung in die
Stadtrechnungen aufgenommen.
2) Nach dem Friedberger Intelligenzblatt von 1832 Nr. 33.