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Ludwig den Bayern, dauerte.!) Auch dieser vermochte den Frieden zwischen Burg und Stadt nicht
herbeizuführen, und erst nach Einsetzung von Mittelsmännern kam es zwischen den beiden Parteien
1334 zu einem Friedensschluss auf 4 Jahre.?) Am verhängnissvollsten aber wurde für die Stadt
die verschiedene Politik, welche Stadt und Burg bei der Wahl des deutschen Königs nach dem
Tode Ludwigs des Bayern befolgten. Die Stadt nahm Partei für Günther von Schwarzburg, der
in ihren Mauern erschien und die Burg bezwang,?) die Burg für Karl IV. Dieser Umstand mochte
mitbestimmend dafür sein, dass letzterer bei dem Vergleiche mit Günther von Schwarzburg diesem
und seinen Nachkommen unter andern Städten auch Friedberg verpfändete; der hierüber ausge-
stellte Pfandbrief enthielt auch die Bestimmung, dass die Bürger der Stadt den Pfandherrn »hulden
und schwören« sollten.% ‘Nachdem die Streitigkeiten zwischen Burg und Stadt trotz verschiedener
Vergleiche immer von Neuem ausgebrochen und immer mehr zu Ungunsten der Stadt beendigt
waren, so dass der Burggraf Richter und Vertheidiger in Stadt und Burg zugleich geworden war,
musste die Stadt füglich, nachdem noch 1467 die Burg in den Besitz des grössten Theiles jener
Pfandschaft gekommen war,5) jedem neuen Burggrafen huldigen. Die durch die kaiserlichen
Pfandschaften und andere Lasten und Umstände in ihrem Reichthum zurückgegangene Stadt
hatte endlich auch die innere Kraft und Widerstandsfähigkeit eingebüsst. Als sie im Jahre 1481
in grosser Noth unter Nichtachtung ihres Verhältnisses zur Burg, aber gestützt aut kaiserliche Ver-
briefungen, heimlich in ein Schutzverhältniss zu Landgraf Heinrich III. von Hessen - Marburg
trat®) und die Burg Kenntniss hiervon erhielt, wurde sie 1482 zu dem sog. Verherrungsrevers
gezwungen, durch welchen sie versprach, »in künftigen ewigen Zeiten ohne Wissen und Willen der
6 Burgmannen sich nie zu verherren, d. h. einem Fürsten oder Herrn zu eigen zu machen in
Pfand, Schirm oder Bündniss«. Im Jahre 1483 verpflichtete die Stadt sich weiterhin, einem jeden
Burggrafen auf dem Platze vor der Burg zu huldigen und Gehorsam zu schwören; jeder neue
Bürger solle nicht bloss dem Bürgermeister, sondern auch dem Burggrafen schwören, die Stadt ohne
Wissen der 6 Burgmannen kein Geld aufnehmen und diese 6 Burgmannen und. ihre Nachkommen
in der Stadt freien Sitz und Wohnung haben.’) In demselben Jahre kam auch die neue Raths-
ordnung zu Stand, welche bis in unser Jahrhundert hinein massgebend geblieben ist.
Auch nachdem so die Stadt Friedberg fast völlig in die Botmässigkeit der Burg gekommen war,
hatten die Kämpfe zwischen beiden noch kein Ende. Im Jahre 1525 rottete sich eine Masse Volks
zusammen zur Erstürmung der Burg; man befestigte zunächt den an die Burg grenzenden Friedhof
an der St. Katharinen-Kirche. Die Burgmannen schlugen jedoch den Haufen zurück und zwangen
ihn zur Unterwerfung. Nunmehr musste die Stadt Urfehde schwören und erklären, dass sie sich
auf Gnade und Ungnade ergebe, mit neuen Pflichten gegen die Burggrafen verbinden und versprechen,
die St. Katharinenkirche zu einem Zeichen und Gedächtniss ihres Aufruhrs auf ihre Kosten abzubrechen
und an einem andern Örte aufzubauen.®) Mit der Ausführung des letzteren Versprechens wurde
vollzogen, was der Burg bereits 1332 unter Ludwig dem Bayern zugesagt worden war, da schon
damals die Katharinenkapelle als ein der Burg gefährlicher Punkt erkannt worden war. Die den
Bürgern damals entrissene Fahne wurde im Burgarchive aufbewahrt, von wo sie vor einigen
Jahrzehnten in das Museum zu Darmstadt gelangte.
Neue Reibereien zwischen Burg und Stadt blieben auch von jetzt an nicht aus. 1571 wurde
auf eine Beschwerde der Stadt bei dem Kaiser Maximilian II. ein neuer Vergleich zwischen beiden
geschlossen, nach welchem freilich gewisse neue Anmassungen der Burg zu Gunsten der Stadt
beseitigt, aber auch gezeigt wurde, dass der Burggraf nahe daran sei, der eigentliche Herr der
Stadt zu werden.?) Im Anfange des ı7. Jahrhunderts sah die Stadt sich genöthigt, einen Prozess
beim Reichskammergericht gegen die Burg anzustrengen, und da die Vernachlässigung in
1) Gründl. Bericht etc. Doc. Nr. 4.
2) Dieffenbach a. a. O. S. 76. 3) Dieffenbach a. a. O. S, 83. 4) Ebds. S. 85.
5) Den Rest der Pfandschaft erwarb die Burg später auch.
6) Der betr. Brief Heinrichs III. von Hessen-Marbure ist gedruckt bei Mader a. a. O. II. 31-33.
7) Der Verherrungs-Revers ist Sonderdruck.
8) Gründl. Information von der Reichsstadt Friedberg Regimentsverfassung S. 61, 62,* Beil. A, u, B,
9) Gründl, Ber. etc. Doc. Nr, 64.