Jahrmärkte und
Messen
Blüthezeit und
Niedergang der
Stadt
Kirchliches
68 KREIS FRIEDBERG
Im Jahre 1257 erhielt die Stadt vom Könige Richard das bereits erwähnte Versprechen, dass
der Kaiser innerhalb der Stadt keine Befestigung oder Burg errichte, und Rudolf von Habsburg
ertheilte ihr 1290 das Privileg, dass alle Güter innerhalb der Mauern von Friedberg, sie seien
geistlich oder nicht, welche bisher Steuern oder Bede entrichtet, dieselben auch ferner entrichten
sollen, und ein solches von 1291 gibt den Bürgern das Recht, lehnbare Güter erwerben und auch
wieder vererben zu können. Nicht unwichtig war auch ein kaiserliches Privileg desselben Jahres, wonach
kein Bürger Friedberg’s vor fremde Gerichte gefordert werden darf.!) Dass die Gewährleistung dieser
und anderer Rechte und Freiheiten durch die Kaiser die Stadt vor den Uebergriffen der Burg
nicht zu schützen vermochte, haben wir bereits aus den Kämpfen beider mit einander kennen gelernt.
Für den Handel Friedberg’s von Bedeutung waren die beiden Jahrmärkte oder
Messen, welche vom Kaiser Ludwig 1332 von 8 auf 14 Tage verlängert wurden.
Karl IV. ertheilte der Stadt das Recht, auf dem Platze »bei den Wagenkremen«
das sog. Waaghaus, einen Holzbau, zu errichten, »umb kuntliche notturft und zu
gemache der Kaufleute.< Wegen dieser Jahrmärkte veruneinigte sich Friedberg
mit Frankfurt, welches sich durch die Handelskonkurrenz geschädigt glaubte, und
wenn auch König Wenzel den Streit dadurch schlichtete, dass er befahl, es solle
mit der Messe beim Alten bleiben, so besagen doch zwei Urkunden desselben Kaisers
von 1395, dass der Stadt Friedberg ihre Jahrmärkte abgegangen seien. Jenes
Waaghaus soll mitten auf der früheren breiten, jetzigen Kaiserstrasse bis zum
Jahre 1774 gestanden haben.
Dass die Stadt Friedberg sich im 13. Jahrhundert eines raschen Wachsthums
zu erfreuen hatte, beweist die Entstehung der Vorstädte um diese Zeit.)
Auch die Burg hatte schon 1305 eine Vorstadt »zum Gartens. Das 14. Jahr-
hundert scheint die Blüthezeit der Stadt gewesen zu sein; urkundliche Nachrichten
zeugen wenigstens von dem grossen Reichthum ihrer Bürger.2) Aber schon 1373
brachte eine Feuersbrunst grosse Noth über die Bürger und 1430 wandte sich
die Stadt um Abhülfe ihrer bedrängten Lage an den Kaiser. Weitere Brände in
den Jahren 1447, 1452 und 1453, sowie die mannigfachen Fehden, welche die
Stadt zu führen hatte, endlich der dreissigjährige Krieg brachten vieles Unglück über
Stadt und Burg und vernichteten ihren Wohlstand.
Kirchlich war Friedberg dem Archidiakonat von St. Maria zu den Greden in
Mainz untergeordnet. Als Mutterkirche der Friedberger Kirche oder Kapelle wird
in einer Urkunde König Wilhelms vom 15. Nov. 1252 die Kirche des ausgegangenen
Ortes Strassheim genannt;*) auf der Stelle dieser ehemaligen Kapelle wurde die
Liebfrauenkirche, die heutige Pfarrkirche, erbaut. Im Jahre 1314 übertrug Kaiser
Ludwig das Patronat dieser Kirche an das Kloster Ruprechtsburg bei Bingen,?) nach-
dem die Herren von Buches, denen er dasselbe vorher bereits geschenkt hatte,
Verzicht darauf geleistet hatten.®) In ihrer Blüthezeit hatte aber die Stadt noch
eine Anzahl anderer Kirchen und Kapellen. Südlich von der Stadtkirche stand
die Michaels-Kapelle, zu der eine Bruderschaft gehörte, und neben ihr das alte
ı) Rothes Buch Nr, 5.
2) Dieffenbach a.a. O.S. 43. Der König Rudolf gestattete in einem Schreiben von 1293, dass alle diejenigen Leute,
welche ausserhalb der Thore der Stadt Friedberg in deren Unter- oder Vorstadt sich niedergelassen oder noch nieder-
lassen würden, gleiche Rechte und Freiheiten mit den Bürgern innerhalb der Mauern geniessen sollten.
3) Dieffenbach a. a. O. S. 109 u. v. Fichard, Frankf. Archiv. I. 185.
4) Dieffenbach a. a. O. S. 5ı u. Joannis Spicill. I. 459.
5) Würdtwein a. a. O., Bd. III, S. 24. 6) Ebds, S. 25.
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