90 Kloster Arnsburg. Die Kirche. Zeitbestimmung.
durch Vermittelung des gemeinsamen Mutterklosters wohl stattgefunden
haben wird. Zu vergleichen ist folgendes:
1. Verstrebungen der Mauerecken am Querschiff haben beide Kirchen,
bei beiden bildet die nordöstliche Verstrebungsmasse zugleich die Seiten-
wand der äußeren Querschiffkapelle. Die Verstrebungen am Querschiff
in Otterberg sind jedoch sehr viel unentwickelter als in Arnsburg, so
daß man dort die Ostteile früher ansetzen möchte. Am Langhaus in
Otterberg dagegen finden sich ausgereifte Strebepfeiler, die für das dor-
tige Langhaus eine spätere Zeit als für das Arnsburger Langhaus wahr-
scheinlich machen.
2. In Otterberg erscheinen die kleinen Rundbogenfenster, die von der
Kirche aus in den Dachraum der Kapellen sich öffnen, im Querschiff, während
wir sie in Arnsburg im Langhaus zur Erleuchtung der Seitenschiffdächer
haben. Danach wären das Querschiff von Otterberg gleichzeitig mit den
ersten Langhausjochen von Arnsburg, also etwas später als das Querschiff
von Arnsburg.
3. Die Übereckstellung der Kämpfer an den Eckdiensten tritt in Otterberg
nur in den westlichen Jochen des Langhauses, in Arnsburg — wo zum Teil
auch die Basen übereck stehen — bereits im Chor auf. Danach wären minde-
stens die Westteile von Otterberg aus jüngerer Zeit.
4. Die Basen sind in Otterberg durchweg steiler als in Arnsburg, was wieder-
um auf den früheren Beginn der Otterberger Kirche schließen läßt. Nur am
letzten, westlichen Hauptpfeilerpaar und an der Westwand finden sich in
Otterberg ganz flache, tellerförmige Basen, sodaß hier eine spätere Fertig-
stellung gegenüber Arnsburg anzunehmen ist.
5. Die Kapitelle sind in den Ostteilen von Otterberg noch ganz archaisch,
ohne jede Knospenbildung, zweifellos viel altertümlicher als die in den Ost-
teilen von Arnsburg.
6. In den Westteilen beider Kirchen sind die Kapitelle im allgemeinen auf
gleicher Stufe, in Otterberg eher etwas fortgeschrittener als in Arnsburg.
Also wiederum früherer Beginn und spätere Fertigstellung in Otterberg.
7. Der Spitzbogen findet sich in Otterberg bereits an den Zugängen zu den
Kapellen des Querschiffs — nicht an denen zum Chor. Sonst an Türen und
Fenstern dort überall der Rundbogen. Dagegen ist die Arkade in Otterberg
durchweg spitzbogig, was für einen Vorsprung Otterbergs im Baubeginn
des Langhauses spricht.
8. Gemeinsam war beiden Kirchen die Rippenwölbung im Mittelschiff,
die Gratwölbung in den Seitenschiffen. Die sechsteilige Wölbung war in
Otterberg nie geplant.
9. Gemeinsam war ferner beiden Kirchen die Rose der Westfront, eingefügt
in eine Rundbogenblende.
10. Ebenso die Anlage eines Paradieses, in Otterberg jedoch nur vor dem
Mittelschiff.