20 Kloster Arnsburg. Geschichte.
Seite, aber ein Leben behaglichen Genusses wurde weitergeführt. Einladungen
zur Jagd ergehen noch 1754, und das Hauptbuch einer Gießener Apotheke
aus den Jahren 1765—1774 gibt Auskunft über die Mittelchen, mit denen
die Patres den Folgen eines bequemen Daseins zu begegnen suchten!).
Aufhebung Der Reichsdeputationshauptschluß machte der Abtei ein Ende. Sie wurde
des Klosters „ufgehoben und dem Gesamthause Solms als Entschädigung überwiesen.
Der letzte Abt, Alexander Weitzel aus Rockenberg, der seit 1799 im Amte
war, 208 sich in seinen Geburtsort zurück, wo er im Jahre 1819 starb. Durch
Vertrag vom 10. November 1802, ratifiziert am 16./18. desselben Monats,
wurden die Güter des Klosters unter die vier Linien des Hauses zu gleichen
Teilen geteilt. Ein anderer Vertrag, vom 27. März 1804, nach dem Laubach
den Hof Arnsburg und die Berger Mühle erhielt, bestimmte die Errichtung
eines gemeinschaftlichen Zucht-, Arbeits- und Irrenhauses in gewissen Teilen
der ehemaligen Klostergebäude. Die Anstalt bestand nicht lange, sie wurde
1811 aufgehoben, ein Teil der für ihre Zwecke verwendeten Baulichkeiten
im, folgenden Jahre abgebrochen und das Material zum Bau der Kirche in
Bellersheim an die dortige Gemeinde verkauft. Gleichzeitig wurde beschlossen,
die Kirche nach und nach abzubrechen?). Heute dienen einzelne Teile des
Klosters, namentlich der Prälaten- und der Küchenbau, der Gräflich Solms-
Laubachischen Familie als Wohnung. In dem Pfortenbau ist die Forstver-
waltung und die Wohnung des Oberförsters untergebracht. Der alte Bursen-
bau beherbergt seit 1847 ein Rettungshaus für verwahrloste Mädchen, und
das sogenannte „Paradies“ ist wieder für den Gottesdienst eingerichtet. Die
Klosterbibliothek befindet sich in Laubach, das reichhaltige Archiv in Lich.
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Im folgenden stellen wir das Wichtigste zusammen, was uns über die
Klosterbauten, Altäre, Kunstwerke und Geräte
aus alten Nachrichten bekannt geworden ist.
Kirche Die Kirche und ihre einzelnen Teile. Seit 1209 bis 1246 kommt in den
Urkunden das Wort ecclesia mit Bezug auf Arnsburg vor®), aber aus dem
Zusammenhang geht hervor, daß mit diesem Ausdruck das Kloster und nicht
speziell die Kirche gemeint ist. Dagegen steht fest, daß in dieser Zeit an der
Kirche gebaut wurde. Genannt wird sie zum erstenmal in der Bulle des
Papstes Innozenz IV. vom 9. November 1246, durch die ihr ein vierzigtägiger
Ablaß verliehen wird für alle, die sie an ihrem Weihetage besuchen. Es scheint
also, daß sie vor dem Jahre 1246 geweiht worden ist*). Der Tag der Weihe
war der Sonntag Vocem jucunditatis (Kantate), das Fest wurde aber 1482, wie
wir oben gesehen haben (S. 13), von Erzbischof Diether von Mainz auf den
1) Buchner in Mitt. d. Oberhess. Geschichtsvereins N. F. 1 (1889), S. 82f£.
2) Akten der Gräfl. Rentkammer in Laubach.
3) AUBNr. 3ff.
“) Moller-Gladbach, Denkmale der Deutschen Baukunst III, 14f., Schnaase, Gesch. d.
bildenden Künste V, 435, und Dohme, Die Kirchen d. Zist.- Ordens in Deutschland usw., 8. 99
sind anderer Ansicht. Sie setzen die Vollendung früher an. Vgl. a. Petrelli S. 69.