Kloster Arnsburg. Geschichte. 21
Sonntag nach der Oktave Epiphaniae (13. Januar) verlegt. In den Jahren
1256—1260 erteilen Papst Alexander IV. und zahlreiche Bischöfe dem Kloster
Indulgentien zur Kirchweihung U.L. Frauen Fasten!). Ob dieser Tag, der
25. März (annunciatio Mariae), der ursprüngliche Weihetag war, was nicht
unwahrscheinlich ist, oder ob nur ein eben vollendeter Teil der Kirche geweiht
wurde, läßt sich nicht entscheiden. Die Häufung der Ablässe in diesen
Jahren, namentlich i. J. 1256, deutet auf den Abschluß einer Bauperiode.
Gewidmet war die Kirche, wie das ganze Kloster, der heiligen Jungfrau ?).
In einer Urkunde, die Baur in das Jahr 1215 setzt), kommt unter den
Zeugen ein Ditericus magister operis vor. Diese Bezeichnung findet
sich nur einmal, an dieser Stelle, in all den vielen seither bekannt gewordenen
Urkunden des Klosters. Nach dem Sprachgebrauch bedeutet magister
operis ebensogut den Architekten, wie den technischen Leiter der Bauaus-
führung des gesamten Klosterbauwesens überhaupt, oder auch nur den
Vorsteher des Baurechnungswesens ®). In den beiden letzten Fällen wäre
anzunehmen, daß die fabrica eine ständige Einrichtung im Kloster, wo
fortwährend gebaut wurde, und der magister ein Klosteramt gewesen ist,
wie ja die benachbarte Stiftskirche in Lich ihren ‚Bau‘ (fabrica) und ihre
„Bauherren“, eben die magistri fabriecae oder operis, gehabt hat?). Träfe
dies zu, dann müßte man ebensogut wie von den übrigen Klosterämtern
in den zahlreichen Urkunden doch auch davon öfter, nicht nur an jener
einzigen Stelle, etwas hören. Die älteren Mönchsorden, vornehmlich die
Zisterzienser, haben ihre Klosterbauten in der Regel selbst ausgeführt, und
zahlreich sind die Nachrichten über Ordensleute als Baumeister®). Auch
unser Ditericus ist Mitglied des Arnsburger Konvents. Sein Name folgt in
der Zeugenreihe denen des Abts, Priors, Subpriors und des Kellermeisters und
geht dem des Hofmeisters von Kolnhausen voraus. Er steht also mitten unter
den Trägern der wichtigsten Klosterämter, die außer einem einzigen, am Schlusse
der Reihe genannten Laien. allein als Zeugen angegeben sind. Das deutet
darauf hin, daß Ditericus eine hervorragende Persönlichkeit gewesen ist.
Halten wir dies alles zusammen, dann ist es gewiß nicht zu kühn, wenn
wir in Ditericus einen der ersten. Architekten der Kirche erblicken’). Damit
hätten wir für die Liste deutscher Baumeister einen Namen gewonnen, der zu
den ältesten der bis jetzt bekannten zählen würde.
1) AUB Nr. 71f.
2) Kolb, Aquila certans, Doc. 8.4Nr. V (1219): Monasterium sanctae dei genitrieis et virginis
Mariae de Arnsburck.
®) AUB Nr. 8.
#) Vgl. Otte, Handbk. d. kirchl. Kunst-Archäologie, 5. A. (1884) II 8.494. — Bergner, Handb.
d. kirchl. Kunstaltertümer in Deutschland, (1905), 8.27. — Hasak, Kirchenbau (Handb. d.
Architektur T. II, Bd. 4 Heft 3, 1902), S. 241.
5) Vgl. z.B. v. d. Ropp, Urkundliche Beiträge z. Gesch. d. St. Lich, in Mitt. d. Oberhess.
Gesch.-Vereins N. F. 1 (1889) 8. 127 Nr. 17 und S. 137 Nr. 25.
6) Michael, Gesch. d. deutschen Volkes, Bd. 5 (1911) 8. 16ff. Otte a.a. O., Bd. 2, $. 495 ff:
?) Vgl. Ebela. a. O. 8. 18f. Auch Hasak a. a. O. $. 241 hält den Diterieus für einen Archi-
tekten.