Baugruppe
des
' Mittelalters
32 Kloster Arnsburg. Lage.
derartige Befestigungen nicht, jedenfalls nicht in früherer Zeit!). Und auch
an den übrigen Mauerstrecken Arnsburgs lassen sich Wälle und Gräben nicht
feststellen, auch dort nicht, wo das Gelände weiter nach außen zu ansteigt.
Die Vermutung, daß diese Gräben zur alten Burg gehört haben, ist daher nicht
von der Hand zu weisen. Nach Mitteilung des hessischen. Streckenkommissars
der Limesforschung sind sie jedenfalls nicht als Bestandteile des römischen
Pfahlgrabens anzusehen.
Auf dem ‚Hainfeld“, der Anhöhe vor dem Pfortenhaus außerhalb der
Klostermauern südlich der Eberstädter Straße, auf der bis 1624 ein Ablaß-
markt gehalten wurde, fand man 1893 die-Spuren eines stattlichen Gebäudes,
dessen Bestimmung nicht erklärt werden konnte. Man vermutet deshalb
auch hier die Lage der alten Burg oder des Dorfes Arnsburg?). Schließlich
wurden südlich der Abtei, in der Nähe der Fischteiche, Reste von starken Grund-
mauern gefunden. Die Lage der alten Burg, einer Wasserburg, an dieser Stelle
in dem Viereck, das die Wetter bildet, hätte nicht weniger Wahrscheinlichkeit
für sich. Vielleicht bringen einmal Ausgrabungen Gewißheit in diese Frage.
In der Mitte der mittelalterlichen Klosteranlage liegt der Kreuz-
gang, der offene Flur, der alle Räume der Klausur miteinander verbindet.
An seiner Nordseite?) erhebt sich die Kirche, bei den Zisterziensern Ora-
torium genannt, genau von Westen nach Osten gerichtet. Im Osten, an das
Querschiff der Kirche sich anschließend und weit nach Süden über den Kreuz-
gang hinausreichend, liegt der eigentliche Wohnbau des mittelalterlichen
Klosters, der im Untergeschoß neben der Sakristei den Kapitelsaal und
den Arbeitsraum der Mönche, das „Auditorium“, im Obergeschoß
deren Schlafraum, das Dorment oder Dormitorium, enthält. In den
Beschreibungen anderer Klöster wird dieser Bau kurz der „Ostbau‘ genannt.
An den Südarm des Kreuzganges gliederten sich an: Wärmstube (Kalefak-
torium), Speiseraum (Refektorium) und Küche (Koquina). Von
ihnen ist nichts mehr erhalten.
Soweit reichte im Mittelalter die Klausur, das engere Kloster, das von keinem
Laien, im allgemeinen auch von keinem Laienbruder betreten werden durfte a
1) Maulbronn und Heilsbronn wurden erst im späteren Mittelalter befestigt. — Das Mauerwerk
am westlichen Ende des äußeren Grabens rührt von einem Kalkofen her.
2) Nach Röschen, Wanderung durch die nördliche Wetterau, 8. 53.
®) Die Regel ist, daß — wie hier — die Kirche im Norden, der Kreuzgang mit den übrigen
Gebäuden im Süden liegt. Umgekehrt ist es in Eberbach, Heilsbronn, Pforte und Maulbronn.
*) Soweit entspricht die Anlage auch der wichtigsten schriftlichen Quelle, die wir über die
Einriehtung der Klöster besitzen, den Usus Ordinis Cisterciensium, jedoch mit der Abweichung,
daß in den Usus außer dem auditorium iuxta capitulum noch ein auditorium iuxta cogquinam
erwähnt wird, das wohl hier in Arnsburg wie auch in anderen Klöstern fehlte.
Die Usus, wahrscheinlich 1134 geschrieben, geben keine eigentliche Bauvorschrift — vgl.
Mettler a.a.0. 8. 7—11—, geben aber einige förmliche Aufzählungen der Räume in immer gleich-
bleibender Reihenfolge und lassen so die feste Klosterform erkennen, die auf den Typus des
Kluniazenserklosters zurückgeht. Über die Bauvorschrift des Kluniazenser-(Benediktiner-)
Ordens s. G. Hager, ‚‚Zur Geschichte der abendländischen Klosteranlage‘‘ (Zeitschrift f. christl.
Kunst, 1901, 8. 97££.).