Kloster Arnsburg. Die Kirche. Langhaus. 67
vorderste Dreiviertelsäule ist schwächer. Das Kämpferprofil der Arkaden
verkröpft sich hier um die Pfeilervorlage herum.
Am fünften, siebenten und neunten Pfeilerpaar sind die Eckdienste fortge-
fallen, die Vorlagen treten daher nur halb so weit vor und beginnen erst über
den Arkadenkämpfern, wo ihre profilierten Kragsteine sich unmittelbar auf
das Kämpferprofil aufsetzen.
Oberhalb dieser Hauptpfeilerpaare, des ersten, dritten, fünften, siebenten
und neunten, ruhten die Gurtbögen des Gewölbes auf. Sie zeigten eine einmalige
unprofilierte Vorlage auf breiterem, ebenfalls unprofiliertem Gurt. Sie waren
zweifellos spitzbogig.
Am fünften, siebenten und neunten Pfeilerpaar war es nötig geworden, für
die Anfänger der Kreuzrippen ein anderes Auflager an Stelle der Eckdienste
zu schaffen. Es geschah dies dadurch, daß man das Kelchprofil der Kapitelle
der Dreiviertelsäulen um die ganze Pfeilervorlage herumführte (Abb. 47).
Über den vier östlichen Zwischenpfeilern, also über dem zweiten und Wölbsysteme
vierten Pfeilerpaar, sind Dreiviertelsäulen als Dienste für Querrippen eines
sechsteiligen Gewölbes angeordnet, die wie die zugehörigen Eckdienste an
den Hauptpfeilern unmittelbar über den Pfeilerkämpfern aus der Mauerfläche
herauswachsen. Für die zwei östlichen Felder des Mittelschiffes
waren also sechsteilige Gewölbe in Aussicht genommen. Ausgeführt
waren sie nicht, ganz gewiß nicht im zweiten Felde, denn das fünfte Pfeilerpaar,
auf dem sie ihre Unterstützung hätten finden müssen, gehört bereits der späte-
ren Bauzeit an, in der nach einer gewissen Unterbrechung die drei westlichen
Joche zur Ausführung kamen. Dieses zweite Feld — und mit ihm jedenfalls
auch das erste — ist erst eingewölbt worden, als die Mauern des ganzen Schiffes
fertig waren. Und dann geschah die Einwölbung mit vierteiligen Kreuz-
gewölben, wie sie der Plan der Laubacher Bibliothek noch zeigt!).
Auf ein quadratisches Joch des Mittelschiffes kommen je zwei quadratische
Joche der Seitenschiffe — „gebundenes System‘. So ist es in den ersten
vier östlichen Feldern. Das fünfte, westlichste Feld des Mittelschiffes dagegen I
ist rechteckig in der Querrichtung, ihm entspricht in jedem Seitenschiff
ein Feld, rechteckig in der Längsrichtung. Das gebundene System ist hier
also verlassen, und die Vorteile, die Kreuzrippen und Spitzbogen bieten, sind
hier unter Durchführung der „gotischen Travee‘“ ausgenutzt, im Gegen-
satz zu Eberbach, wo das westliche Joch zwar auch rechteckig, aber mit
der Hälfte eines quadratischen vierteiligen Kreuzgewölbes überdeckt ist. n
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1) Rose (Die Baukunst der Zisterzienser, München 1916) macht darauf aufmerksam, daß
die Zisterzienser das sechsteilige Gewölbe als durchgängige Wölbung nicht gelten ließen,
ausnahmsweise einmal in Walkenried. Inzwischen ist noch Villers in Belgien mit durch-
gängigen sechsteiligen Gewölben bekannt geworden. Immerhin scheint eine gewisse Abneigung
gegen dieses Wölbsystem bestanden zu haben. Um so erklärlicher, daß man in Arnsburg von
: dem gefaßten Plan wieder Abstand nahm. Noch in einer anderen Kirche — stellt Rose fest —,
in S. Martino al Cimino bei Viterbo, hat man wie in Arnsburg in den zwei östlichen Langhausjochen
die sechsteilige Wölbung durch Zwischendienste vorbereitet, aber sie auch dort nicht ausgeführt.
Über das Vorkommen des sechsteiligen Gewölbes auf deutschem Boden s. 8. 88 u. 89.