Glasfenster
Sakristei
Grab-
denkmäler
im Chor
Denkmal
des Grafen
Otto II.
146 Hungen
der Schiff und Turm trennt, kurze rote Ranken, ohne Verbindung miteinander,
aber die Fläche gleichmäßig füllend, je mit einer lilienartigen Blüte. Dazwischen
große, graue, achtstrahlige Sterne. Diese Malerei überzog Gewände, Kämpfer und
Bogen ohne Unterbrechung. Auch an den übrigen Wänden, in dem romanischen
Stück der Bogenlaibung des Südfensters und an den Rippenkonsolen wurde diese
Malerei festgestellt.
2. Mittlere Schicht, um 1450. Über einem gemalten Teppichsockel von ab-
wechselnd grünem und rotem Stoff sind Wände und Fensterlaibungen mit schwar-
zem Rankenwerk in schön verlaufendem Linienfluß überzogen. Auf den Fenster-
laibungen und in gleicher Höhe an den benachbarten Wandflächen sind figürliche
Bilder in das Rankenwerk eingeflochten. Davon sehr gut erhalten in den südlichen
Fensterlaibungen: Tod der Maria mit den 12 Aposteln, über ihnen der gekrönte
Christus mit einem Kind, der Seele der Sterbenden, auf dem Arm. — Gegenüber:
Johannes mit Buch und Lamm, auf das er mit dem Finger weist. — Die übrigen
Bilder zerstört. Nur das Gewand einer Heiligen mit Salbgefäß noch zu erkennen.
Die Gewölberippen zeigen Marmorierung auf abwechselnd grau und rot bemalten
Steinen, deren Fugenteilung durch 4 dunkle Striche auf gelbem Grund betont ist.
Die Gewölbekappen sind mit verschlungenen grauen Schlangenlinien, stilisierte
Wolken darstellend, bedeckt, von schwarzen Linien durchzogen und mit roten
Punkten und gelben Sternen durchsetzt.
Diese Wand- und Deckenmalerei setzte sich auch in der Apsis fort. Der stehen-
gebliebene Rest der Halbkuppel, jetzt als Gurtbogen gegen den spätgotischen
Chor dienend, läßt noch die Hälften kreisförmiger Evangelistensymbole erkennen!).
Drei Weihekreuze aus verschiedenen Zeiten.
3. Oberste Schicht, etwa 1607 (Erbauungszeit des Schiffes). Rote Quader-
einfassung der südlichen Tür mit Bekrönung in Beschlagornament.
Im Chor ist eine graue Quaderumrahmung der Fenster und eine gemalte Tafel
mit großer Jahreszahl 1518, umrahmt von charaktervollem Rankenwerk, freigelegt
und erneuert worden.
Glasfenster im Chor von Professor Geiges — Freiburg i. B. 1907; im Ost-
fenster Auferstehung Christi.
Sakristei nördlich am Turm, 1906/07 angebaut.
Der spätgotische Chor bildet die Grabkapel!le der Gräflichen Linie Solms-
Hungen, die von 1602 bis 1678 bestanden hat. Der Gründer der Linie, Graf Otto II.,
der mit seinen Brüdern gemeinschaftlich schon seit 1592 regiert hatte, der Erbauer
des Kirchenschiffes und Erneuerer des Schlosses, war 1610 im Elsaß vor Molsheim
gefallen. Er liegt begraben zu Heidelberg in der Heiliggeistkirche. Hier in Hungen
ließ ihm seine Witwe, eine Gräfin von Gleichen, 1616 ein prächtiges Denkmal setzen.
Das Hauptstück des mit dem ganzen Aufwand der damals üblichen Formen
ausgestatteten Denkmals ist eine große schwarze Inschrifttafel, seitlich von hermen-
‘) In der Kirche zu Ostheim — ebenfalls im Turmraum, dem ehemaligen Chor — sind Malereien,
die denen in Hungen in der Anordnung der Bilder, in der Stilisierung und im Ornament sehr ähnlich
sind. Die Evangelistensymbole sitzen dort auf den Kappen des Kreuzgewölbes. Eine Apsis fehlt.