Hungen
Huic domui pacem pelimus, da Christe! Simulque
Nos serva famulos, quos fovet ipsa, luos.
Sumptibus Johannis Aemilii M. Christophorus de Ylmenau
me fecit. Anno salutis humanae 1563!)
Auffallend die fast vollkommene Übereinstimmung mit der Inschrift am
Hause „Im Hegerich“ in Langsdorf. Dieses wurde von einem Christ. Gabriel von
Ylmenau erbaut?) im gleichen Jahre 1569.
1) Zu deutsch: Für dieses Haus erbitten wir Frieden. Gib ihn, Christus! Und zugleich schütze uns,
deine Jünger, die es birgt. Auf Kosten des Johann Aemilius hat M. Christoph von Ylmenau mich erbaut
im Jahre des Heils der Menschheit 1563.
2) Mehr noch im Hinblick auf das Haus in Langsdorf und dessen landfremde Formgebung erschien
es geboten, der Herkunft der in der Inschrift genannten Personen nachzugehen.
Unter den Familienpapieren der Familie Emmelius in Gießen — mitgeteilt von Frau Prof. Dr. Jeß,
geb. Emmelius — findet sich die Übersetzung eines holländischen Briefes von 1763, die wenigstens über
den in der Inschrift genannten Johannes Aemilius einige Aufklärung gibt. Der zweite Teil der Inschrift
lautet dort anders:
SUMTIBUS JOHANNIS EMMELII A SCHNELLENBERG ET M. CHRISTOPHORI DE
GEMENAW ANNO 1563
Ferner heißt es: ‚Joh. Christ. Emmelius zu benannt von Schnellenberg geboren zu Breslau ... war
Obrist eines kais. Kürassier Regiments zu Pferd, verehligt mit Agnesia Maria Baronessa von Schulenburg
geboren zu Rinteln im Hessischen.
Wilhelm 1ter Sohn aus dieser Ehe war Inspektor und Kirchenrat zu Stolberg und von allen Reformierten
Kirchen in der Pfalz ....
Johannes 2ter Sohn war Resierungsrat zu Braunfels, verehelichte sich mit Elisabethe von Pappenheim
geboren zu Wölfersheim. Dieser Johannes Emmelius und sein Schwager angetraut mit Amalia von Pappen-
heim Herr von Gemenau haben aus ihren eignen Mitteln das Rat oder Stadthaus zu Hungen erbaut. Über
der großen Pforte steht das Wappen der Emmelius in Marmor gravirt und unter diesem folgende lateinische
Inschrift: HUIC DOMUI usw. ..“
Danach haben die Ehemänner der aus Wöltersheim gebürtigen Pappenheimischen Töchter das Haus
gebaut. In Wölfersheim gibt es heute noch einen Pappenheim’schen Hof.
Das adlige Geschlecht derer von Schnellenberg, mit dem die Emmelius genannt von Schnellenberg
— Emmel genannt Schnell — in Beziehung gestanden haben werden, stammt aus Westfalen. Der letzte
des Geschlechts, Caspar Wilhelm, starb 1754 als Kapitän in holländischen Diensten (Archiv Münster). Ihr
Stammschloß Schn. liegt im Kreis Olpe, das Schloß Schönholthausen, das sie im 16. Jhdt. bewohnten, etwas
nördlicher im Lennegebirge. Ein Geschlecht von Gemenau konnte nicht ausfindig gemacht werden. Es mit
dem von Gemen (Gemene im Mittelalter) in Verbindung zu bringen, wäre gewagt. Die Wasserburg Gemen
liegt im Münsterland.
Nach Mitteilung des Baurat Seiler-Braunfels lautet die Abschrift der Inschrift im Archiv zu Braunfels
— Schaum A IV 576 — ganz deutlich Ylmenaw und nicht Gemenau. Und auch am gleichzeitig erbauten
Haus „im Hegerich‘ zu Langsdorf, wo freilich eine gewisse Verwitterung und neuerdings eine farbige Heraus-
hebung der Buchstaben stattgefunden hat, liest man Ylmenaw. Aber auch dieser Name wurde als Familien-
name nicht gefunden.
Seiler teilt ferner mit, daß der Amtstitel Regierungsrat erst im 17. Jhdt. auftrat, im 16. Jhdt. standen
Amtmänner — „Regierungs- und ‚Justizamtmänner“ — an der Spitze der Verwaltungen. Unter den Amt-
männern der Jahre nach 1560 findet sich bei keinem der Ämter Hungen, Greifenstein und Braunfels ein
Schnellenberg. Dagegen sind in jenen Jahren Kellereirechnungen des Amtes Hungen ausgestellt von dem
„Keller Johann Emmel genannt Schnell“. In einer Quittung wird er auch A emilius genannt.
In den Papieren der Familie Emmelius finden sich ferner Auszüge aus dem Hungener Gerichtsbuch
(mit Einträgen seit 1534) und dem „Landbuch“ der Stadt Hungen (2. Hälfte des 16. Jhdts.) von Dr.
Wilhelm Kellner 1882. Kellner hat auch die Stadtrechnungen aus der Zeit um 1560 durchgesehen.
Das Ergebnis ist, daß Joh. Emmel gen. Schnell — auch Aemmel, Aemyl, Amyln geschrieben — von 1559
bis 1570 „Keller“ in Hungen war und 1573 starb. Er hat während seiner Amtszeit eine große Anzahl von
Grundstücken für sich erworben. Aus den Rechnungen ist zu ersehen, daß 1559 ein Rathaus ausge-
bessert, 1559 sogar sehr gründlich instand gesetzt wird. Das spricht dagegen, daß 1563 ein neues Rathaus
gestiftet sein könnte, Auch läßt der erste Teil der Inschrift nicht auf ein Bathaus schließen. Als Wohnhaus
—_ so müssen wir annehmen — wurde das Haus gebaut, es mag später als Rathaus verwandt worden sein.
Und M. Christoph aus Ilmenau wird wohl der Zimmermann gewesen sein. Doch sind die Beziehungen zu
Westfalen nicht ohne Bedeutung. S. S. 203/204.
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IBERRRZE