Lich
Die Schenkungsregister der Klöster Lorsch und Fulda geben uns die ersten
Nachrichten vom Ort Lich und bestimmen seine Lage im Gau der Wetterau.
Von seiner ältesten Geschichte ist sehr wenig bekannt. Wir können nur aus späteren
Verhältnissen schließen, daß Lich im 11. und 12. Jahrhundert zu den Besitzungen
der Dynasten von Arnsburg-Hagen gehört hat. Eine unmittelbare Bestätigung
dieses Schlusses gibt der Name der nahe gelegenen ehemaligen Burg Warnsbergt),
der auf den in der Familie von Hagen vorkommenden Beinamen Waro zurück-
zuführen ist. In derselben Zeit, und bei dem Alter der Markverfassung sicher schon
früher, war Lich der Mittelpunkt einer Mark, die im Jahre 1239 die jetzt ausge-
gangenen Dörfer Mengeshausen, Rodenscheid, Westwich, Niederalbach und Schurf-
heim umfaßte?). Auch das Gebiet des Hofes Kolnhausen und eines angrenzenden,
damals schon nicht mehr bewohnten Ortes Sahsen?) hat in diese Mark gehört.
Endlich darf noch das ehemals im östlichen Teile der Licher Gemarkung gelegene
ausgegangene Dorf Hausen?) hierzugezählt werden, das bis 1315 im Verband
der Pfarrkirche Lich stand, aber in der Urkunde von 1239 auffallenderweise nicht
genannt wird. Diese Urkunde, die uns von einer beabsichtigten Reorganisation der
Mark berichtet und zugleich den ersten bekannten Märkermeister Friedrich Flekko
nennt, zeigt uns auch in ihrem Aussteller als erste den Herrn des Ortes, Kuno III.
v. Münzenberg. Mit Kuno und seinem jüngeren Stiefbruder Ulrich II. starb das
Münzenbergische Haus im Mannesstamme aus, und die Erbschaft ging an die fünf
verheirateten ihrer sechs Schwestern über. Den größten Teil der Verlassenschaft
brachte das Haus Falkenstein an sich, darunter Lich, das bei der Teilung, die die
Brüder Philipp II. und Werner I. im Jahre 1271 vornahmen’), an den letzteren
fiel. Werner konnte sich 1283 judex universalis et domnus ipsius ville [Lychen!
nennen®). Aber erst kurz vor seinem Tode erwarb er 1295 von den Herren von
Beldersheim die Vogtei über die Güter, die das Kloster Wetter in Lich besaß,
und zugleich das Vorkaufsrecht an diesen Besitzungen’). Da wir seitdem nichts
mehr von den Beziehungen des Stiftes zu Lich hören, ist anzunehmen, daß auch
die Güter bald in die Hände des Stadtherrn übergegangen sind und dessen Lehens-
verhältnis zum Stift sein Ende erreicht hat. Derselbe Werner war es, der Lich zur
Stadt gemacht hatte. In zwei Urkunden aus den Jahren 1290 und 12973) nennt er es
„oppidum nostrum‘‘. Demnach ist die Verleihung der Stadtrechte durch Albrecht I
vom 10. März 1300°) nur die kaiserliche Bestätigung einer bereits zehn Jahre
früher vollzogenen Tatsache. Die Urkunde wurde erwirkt durch Werners Sohn
Philipp III., der besonders viel für die Hebung des Städtchens getan hat. Er war
durch die Teilung der väterlichen Erbschaft zwischen ihm und seinem Bruder
Kuno I. der Begründer einer Licher Linie seines Geschlechtes geworden!) und
} Archiv IV, H.T S. 289.
2) AUB 28. — Vgl. Landau, Wettereiba S. 66F:
3) Wagner, Wüstungen Oberhessen S. 160f.
=) Wagner a.2.05S. 1298.
5) Archiv VIII, 240ff. Nr. 14.
°) AUB 195.
’), v.d. Ropp in MOHGV 5, 87 Nr. 3. Baur, Hess. Urkunden I], 294 u. 1305. — Auf die Vogtei hatte
1283 Guntram v. Ulfa, der sie vom Stift zu Lehen trug, verzichtet. Baur I, 243.
8) Baur, Hess. Urk. I, 1299 u. 1308.
2) a.2.0. TI, 1311. Or. im furstl. Archiy.
10) Eigenbrodt im Archiv ], 24.