Lich 221
folgendermaßen: ein von vier Türmen flankiertes Gebäude, darüber schräg gestellt
ein geteilter Schild. Die Umschrift lautet: S’- VNIVER SITATIS: OPIDI-T:
LYECHE;
Ein Gerichtssiegel der Stadt erwähnt Baur an einer Urkunde des Jahres
13401), das Günther?) so beschreibt: Ein zirkelrundes, 11, Zoll großes Siegel,
welches einen dreieckigen Schild, mitten quer geteilt, das obere Feld quer kariert,
darstellt. Die Umschrift lautet: S. ad causas in Lychin.
Im Licher Markwald soll eine der oberhessischen Schottenkirchen gestanden
haben?). Wenn die Urkunde von 810, die die Stelle „in silva Marchlicheo sive
Luttenbach‘‘ nennt, echt ist*), dürfen wir hier eine Kultstätte vorbonifazianischen
Christentums annehmen. Ob sich daraus auch die Beziehungen Lichs zu dem 1015
gegründeten Stift Wetter erklären, wie Heber meint, steht dahin.
Seit dem Jahre 1133 gehörte die Wetterau zur Diözese Mainz. Lich5) unter-
stand dem Archidiakonat St. Maria ad Gradus in Mainz und dem Archipresbyterat
des Ruralkapitels in Friedberg. Zweifellos ist hier eine sehr alte Pfarrkirche ge-
wesen, die schon lange vor ihrem ersten urkundlichen Auftreten bestand und die
Mutterkirche der Markdörfer wurde. Im Jahre 1239 wird sie, oder vielmehr ihre
Gemeinde (parrochiales de Lichen) zum ersten Male genannt, mehrere Geistliche
zählt sie am Anfang des 14. Jahrhunderts; ein Rektor, ein Vizepleban und ein
Kapellan kommen 1306 urkundlich vor. Im Jahre 1315 war ein Stiefsohn Phi-
lipps III., Graf Otto von Ziegenhain, Rektor und Pfarrer der Kirche. Früher als
die Kirche wird 1210 eine ihrer Filialen, die Kapelle in Rodenscheit (jetzt „Roter
Schütt‘) bekannt®). Noch 1306 bestand dort ein Dorf”), das aber bald darauf
ausgegangen sein muß. Das Mainzer Synodalregister des 14./15. Jahrhunderts
meldet die Transferierung der Kapelle, d.h. ihrer Heiligtümer und ihres Gottes-
dienstes nach der Kapelle auf dem Steinwege®), wo wir wahrscheinlich eine alte
Wallfahrtskirche zu suchen haben. Eine andere Filiale, die Kapelle in Hausen,
war im Jahre 1315 von der Mutterkirche getrennt und zur selbständigen Pfarr-
kirche erhoben worden. Man hoffte, daß sie, die seither eine unfruchtbare Tochter
war, dadurch in den Stand gesetzt werde, Kinder zu gewinnen. Das heißt doch
wohl nichts anderes, als daß man mit dieser Maßregel der bereits begonnenen
Entvölkerung des Ortes und damit dem gänzlichen Eingehen der Kirche entgegen-
wirken wollte. Die Absicht wurde jedoch nicht erreicht. In dem genannten
Synodalregister erscheint die Kirche bereits wieder als Filiale, in einer Urkunde
1) AUB S. 429. Anm.
2) Archiv VII, 372.
®) Heber im Archiv IX, 242.
*) Die Gewinnung der in der sog. Beatusurkunde vorkommenden Ortsnamen ist nicht unbestritten.
Sie hängt ab von der Beantwortung der Frage nach der Echtheit der Urkunde, Neuerdings hat sie H. G.
Voigt in Theol. Studien u. Kritiken Bd. 103 (1931), 252ff., und auch das Mainzer Urkundenbuch
Bd. 1 (1932), Nr. 111, bejaht. Unverständlich bliebe immer noch der Zusatz ‚sive Luttenbach‘“. Es
scheint, daß uns kein Flurname die Erinnerung an einen solchen Ort aufbewahrt hat.
°) Vgl. für das Folgende, soweit andere Nachweise nicht zitiert sind, K. Ebel, zur Gesch. des Marien-
stifts in Lich, in Beiträge z. hess. Kirchengesch. 3 (1908) S. 1—40.
°) AUB5.
’) Baur, hess, Urk. I, 1315.
°) Würdtwein, Dioec. Mog. III, 80.
Dssunzs