Full text: Südlicher Teil ohne Arnsburg ([C, 3], Band 3)

  
       
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
    
   
  
  
Lich 223 
Jahrhunderts erhalten. Im Jahre 1417 erhielt das Stift 42 Goldgulden von un- 
genannten Spendern, für deren Seelenheil die Kanoniker alljährlich auf den 
Gründonnerstag achtzehn armen Männern je zwei Schonebrote für 4 Heller, zwei 
Heringe für 4 Heller und in einem Kruge ein Viermaaß!) vom besten Wein, der 
in Lich aufzutreiben war, gereicht wurden. Die Zeremonien, unter denen dies ge- 
schah, waren genau vorgeschrieben. Auf dem Kirchhof wurden Brot, Heringe und 
Wein auf einen gedeckten Tisch gestellt, ein Prälat oder ein Kanoniker las vor der 
Tafel das Evangelium, ein anderer, angetan mit der Albe und einem leinenen 
Tuche, wusch jedem der achtzehn Männer den rechten Fuß und trocknete ihn 
mit dem Leinentuche ab. Dann erst erhielten die Leute ihre Spende. Jeder Priester 
des Stiftes erhielt ein Schonebrot und eine Viermaaß Wein, der Priester, der den 
Armen die Füße wusch, bekam zwei Schonebrote und eine Maaß Wein?). 
Auch Lich hatte wie viele andere Orte unseres Kreises vor den Toren ein 
Leprosenhaus mit einer Kirche, die 1461 schon vorhanden war. Das Siechenhaus 
„zu den guden luden‘ hatte eigene Verwaltung, es stand nicht unter der des 
Stiftes. Seine Mittel, die durch Stiftungen vermehrt wurden, erlaubten ihm, 
Kapitalien auszuleihen?). 
In der älteren Zeit waren in Lich viele geistlichen Stifte begütert. Vor allem 
das Kloster Lorsch, dem wir ja auch die ältesten Nachrichten von dem Ort ver- 
danken. Sodann das Kloster Fulda, von dem im Jahre 812 Erzbischof Richolf 
von Mainz Güter zu Lehen nahm!®). Das Stift Wetter besaß in Lich Güter, deren 
Vogtei der Inhaber, Ritter Guntram v. Ulfa, 1283 aufkündigte. Später waren 
die Herren v. Beldersheim Vögte. Die Äbtissin Luckardis bietet 1295 die Vogtei 
den Münzenbergern an, erklärt sich aber auch bereit, das Gut für 184 Mark Wetter- 
auer Münze zu verkaufen. Es ist der ‚„‚Seelhof oder Siedelhof in und beiLich (, das) 
als ein Freigut mit besonderer Gerichtsbarkeit urkundlich bis in dieses (19.) Jahr- 
hundert verblieb‘). Selbstverständlich hatte auch Kloster Arnsburg neben einem 
Hof in der Stadt großen Besitz. — Von Weltlichen war vor allem die Stadtherr- 
schaft begütert, unter Falkensteinischer und Solmsischer Herrschaft dringt dann 
der Lehensadel dieser Häuser in Stadt und Gemarkung ein. 
Von den vier in der Gemarkung Lich gelegenen ausgegangenen Orten Hausen, 
Rodenscheit, Warnsberg und Westwich®) sind die drei zuletzt genannten für die 
Verteidigung des Markdorfes wichtig gewesen. Vom Warnsberg, dem heutigen 
zwischen Stadt und Albacher Teich gelegenen Breuerberg, wissen wir, daß er 
eine Burg getragen hat (s. o.), deren Reste noch sichtbar sind. Von ihm soll der 
Sage nach ein unterirdischer Gang nach Rodenscheit (‚‚ Roter Schütt‘) geführt 
haben. Dort, ungefähr 15 Minuten nordwestlich der Stadt, wird ebenfalls eine 
Burganlage über dem ehemaligen Dörfchen vermutet, wohl mit Recht, da ein 
!) Der vierte Teil eines Viertels. Lexer, mhd. Wh. 
2) MOHGYV. I, 124f. Nr. 14. 
2) -MOHGV.TL 127 Nr 17 u. 142. Nr. 28. Rady, Gesch. d. kath. Kirche in Hessen S. 505, stützt 
seine Behauptung, daß das Stift die Verwaltung des Siechenhauses geführt habe, auf die zuletzt genannte 
Urkunde. Doch geht aus ihr gerade das Gegenteil hervor. 
*) Schannat, Trad. Fuld. 106 Nr. 238. 
5) Heber im Archiv IX, 248f., 259. 
°) Wagner, Wüstungen, Oberh. S. 110ff. 129£. 157f. 165f£f. 
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