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Man wird ihn in die Zeit kurz vor 1500 setzen können. Die große Öffnung der Stadt-
seite scheint schon 1545 — nach dem gleichzeitigen Bilde — geschlossen gewesen
zu sein. Vielleicht hatte man sie sehr bald nach Fertigstellung des Turmes aus-
gemauert, um die Mauerecken zu entlasten. An der Ausmauerung ist das Teilungs-
gesims mit gleichem Profil durchgeführt. Das ältere Mauerwerk zeigt im Innern
Rüstlöcher, das Füllmauerwerk der großen Öffnung nicht.
Auch die Bekrönung ist schon 1545 nicht mehr die ursprüngliche. Es sitzen
auf den Brüstungen der Wehrgänge beschieferte Giebel, und im Kreuzungspunkt
der hinter den Giebeln liegenden Firste steht ein niedriger Dachreiter. Veranlas-
sung zur Errichtung des neuen Turmhelms mag der Umstand gegeben haben, daß
man nach Abbruch der alten Kirche für die Glocken eine neue Unterkunft brauchte.
Der Steinhelm des Festungsturmes war dazu nicht geeignet, und der Dachreiter
auf der Kirche genügte nicht.
Meißner und Merian stellen im Anfang und in der Mitte des 17. Jahrhunderts
denselben Abschluß dar. Um diese Zeit aber schon schuf man den gegenwärtig
noch bestehenden Aufbau, zu dem das Bedürfnis nach einer Türmer- und Wächter-
wohnung geführt hat. Über dem steinernen Unterbau entstand das Glockengeschoß
mit Schallöffnungen und Zifferblatt. Darüber das Wohngeschoß mit einst offener
Laube ringsum, diese an jeder Seite durch hölzerne Stützen in vier Felder geteilt;
in den Brüstungen kräftige Docken. Die Laube, die dem Turmbau einen ganz be-
sonderen Reiz verliehen haben muß, ist jetzt leider durch die Beschieferung ver-
deckt und geht mit dem Glockengeschoß zu einer fast würfelförmigen Masse
zusammen. Über ihr ein zweigeschossiger, achtseitiger Helm mit welscher Haube.
Als Abschluß Knauf mit Wetterfahne. Über dichtem Rankenwerk Schild
mit bewegter Umrißlinie, gehalten von zwei Solmsischen Löwen, über deren
Abb. 186. Eich. Stadtburm.
Wetterfahne 1.75 m breit ohne
Sonne, 2.50 hoch. Die Sonne
hat in Wirklichkeit größeren
Abstand.
Aufn. Hess. Hochbauamt Gießen.