Full text: Südlicher Teil ohne Arnsburg ([C, 3], Band 3)

   
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Köpfen Mond und Reichsapfel. Zu oberst der Reichsadler, im rechten Fang das 
Szepter, im linken das Schwert haltend!). Das Ganze — ohne den Arm mit der 
Sonne und ohne Knauf 1,75 m breit, 2,50:m hoch — em prächtiger Aufbau, 
in den gut verteilten Durchbrechungen wirkungsvoll vom Himmel sich abhebend. 
Man nimmt an, daß Graf Reinhard, der durch die Befestigung Ingolstadts 
und die Entfestigung Gießens auf dem Gebiete des Festungswesens bekannt ge- 
worden ist, auch die Befestigung seiner Vaterstadt angelegt hat?). In ihrem ur- 
sprünglichen Bestand freilich gehen Mauern und Türme in das Mittelalter zurück. 
Und auch die neuen Befestigungen aus dem Anfang des 16. Jhdts. waren vor dem 
Regierungsantritt Reinhards fertig. Im Vordergrund des einen Stadtbildes vom 
Meister HD aus dem Jahre 1545 ist ein Kriegsrat dargestellt. Man wird nicht 
fehl gehen, wenn man nach der Ähnlichkeit mit den Gestalten der Grabdenkmäiler 
in der Stiftskirche die beiden Männer, die in der Mitte unter dem Baum sitzen, 
als die Grafen Philipp (1484—1544) und Reinhard (1544—1562) anspricht. Auf 
diesem Bilde sind Mauern, Gräben und Wälle bereits so vorhanden, wie wir sie 
auf dem Meißnerschen und dem Merianschen Bilde sehen, und wie sie in der 
Hauptsache noch bis in die letzten Jahre bestanden haben. Und manche Einzelheit 
auf den Bildern von Hans Döring, z.B. die Form der Giebel des Untertores, 
weist mit Sicherheit in das zweite Viertel des 16. Jhdts. Die neuen Befestigungen, 
deren endgültige Beseitigung in der Gegenwart nicht genug beklagt werden kann, 
waren also vor 1545 geschaffen, in der Regierungszeit des Grafen Philipp. Die Mit- 
wirkung, ja man kann sagen die Urheberschaft des Grafen Reinhard, der erst mit 
53 Jahren zur Regierung gelangte, muß man trotzdem annehmen. Abb. 175. 
Das Bild aber, auf dem Graf Reinhard und sein eben erst verstorbener Bruder 
vor der neu befestigten Stadt abgebildet sind, wird man geradezu als Urkunde 
für die Vollendung der Arbeiten und als Denkmal für ihre Urheber ansehen dürfen. 
!) Nach Mitteilung des Archivrates Dr. Fr. Uhlhorn in Marburg (Zentralstelle der Solmsischen 
Archive in der Wetterau) kommen Szepter und Schwert in den Fängen des Adlers in Kaisersiegeln, also 
auch in Reichswappen, erst von 1673 an vor. Schwert und Szepter im rechten Fang, Reichsapfel im linken 
sogar erst von 1711 an. Die andere Verteilung von Reichsapfel und Schwert bei der Wetterfahne mag nach 
Dr. U. dadurch bedingt sein, .daß man die dem Halbmond gegenübergesetzte Sonne in den Reichsapfel 
verwandelte. Jedenfalls könnte die Wetterfahne wegen der Abzeichen erst in diese Zeit, nach 1711, datiert 
werden. 
Die Form des Schildes weist aber in die erste Hälfte des 17. Jhdts., und die auffallende Verbindung 
von Reichsadler und Solmsischen Löwen erinnert an die gleiche Vereinigung auf der Orgel in der Stifts- 
kirche (Abb. 200), die 1633 geschaffen zu sein scheint. 
Der Zwiespalt wird aufgeklärt durch die Urkunden, die im Jahre 1932 dem Knauf entnommen und 
nach Beifügung einer neuen, von I. Schneider verfaßten Urkunde wieder eingelegt wurden. Die Urkunden 
sind datiert vom 23. August 1704, 4. Mai 1723, 7. August 1787, 30. August 1850, 25. April 1875, 13.Okt.1892 
und 1. Nov. 1932. 
In der ersten Urkunde ist zu lesen, daß „Fahne, Knopf, Thurn und die ganze Stadt... bisher etliche 
hundert und mehr Jahre gestanden‘ — also auch die Fahne —, und ferner ‚pro nota‘“, daß damals auf 
der Brust des Adlers ein großes F II gestanden habe, ‚so eine Bedeutung des damaligen römischen Kaisers 
Ferdinandi secundi hat, welcher Buchstabe wieder vergüldet worden. Auf dem Schild aber ist das solmsi- 
sche Wappen gemahlet zu sehen.‘ Ferdinand II. regierte 1619— 1637. 1723 wurde eine neue Helmstange 
eingezogen und die Fahne ausgebessert und „verwahret‘, und 1787 wiederum die Helmstange ersetzt. 
Dr. Uhlhorn ist der Ansicht, daß bei einer bald nach 1723 vorgenommenen umfassenden, uns aber 
nicht überlieferten Ausbesserung die schon seit längerer Zeit bestehende Fahne unter Beibehaltung des 
Schildes und der allgemeinen Anordnung dern veränderten Geschmack angepaßt wurde und bei dieser Ge- 
legenheit die neuen heraldischen Abzeichen erhielt. 
®) Kalender Hessenkunst 1914, Dr. Großmann, Graf Philipp zu Solms. 
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