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zu Gießen, das Versetzen, Mauern und ‚„uszmachen‘“ des ‚„indersten‘ Chores, also
der Säulen und Bögen, verdungen. Es fehlen schließlich noch Säulenstücke, und
die Bogensteine sind nicht richtig den verschiedenen Säulenabständen entsprechend
gearbeitet, so daß die Bögen spitz auslaufen. Sie sollten aber ‚in die Ronde ge-
druckt‘ werden.
Wir hören dann noch, daß 1537 „Pieler‘‘ gebaut wurden an der Kirche und
daß 1539 eine Mauer um den Kirchhof gezogen wurde. Die „Pieler‘ sind die Strebe-
we pfeiler des Langhauses. Die Strebepfeiler des Chores wurden
Umnfetfingömanme mit den Umfassungsmauern gleichzeitig errichtet, denn die
n ee Sockelprofile stimmen überein und sind mit Verkröpfungen
— die zwar nicht immer genau im Winkel sind — versehen.
Die Sockelsteine der Langhaus-Strebepfeiler aber haben
un eine steile Kehle, während die dazwischen liegenden Um-
fassungsmauern eine Schräge haben; auch die Höhen der Sockelprofile sind ver-
schieden, ihr Ineinandergehen ist ungelöst. Auf der Nordseite haben nur die
Strebepfeiler einen Sockel, die Mauern nicht.
Meister Michael hatte 1509 ‚Streben‘ überhaupt nicht für nötig erachtet.
Von hier ab schweigen die Akten des Fürstlichen Archives über die Bau-
geschichte der Kirche. Zusammenfassend und ergänzend wird man sagen, daß
von Ende 1510 bis etwa 1514 das Langhaus ohne Strebepfeiler, von 1515 bis etwa
1525 der Chor mit Strebepfeilern gebaut wurde. Die Gewölbe unter den Emporen
der Seitenschiffe waren gleichzeitig hergestellt, die übrigen unterblieben ganz. Die
Holztonne, die das Mittelschiff überdeckt, scheint erst 1594 gelegt worden zu sein!).
1537 Strebepfeiler am Langhaus.
Die Kirche ist nicht genau geostet, vielmehr nach Ostnordost gerichtet, wozu
das Gelände und die Lage der Stadtmauer Veranlassung gegeben haben.
Dreischiffige Hallenkirche ohne Querschiff. Chor nicht abgesetzt.
Das Langhaus hat 5 Joche, der Chor 1 Joch und 5/8-Schluß. Seitenschiffe
um den Chor herumgeführt. Emporen über Netzgewölben in den Seitenschiffen
des Langhauses und im westlichen Joch des Mittelschiffes. Auch in den Chor hinein
sollten sich nach dem ersten Plan die Emporen fortsetzen, wenigstens noch in das
erste Joch des Chores, wie die Anfänger der unteren Scheidebögen an den letzten
Schiffpfeilern beweisen.P feiler rund,im Langhaus mit runden Diensten nach Mittel-
und Seitenschiff zu. Ihnen entsprechen Wanddienste (Dreiviertelsäulen) an den
Außenwänden. Die sechs Chorpfeiler ohne Dienste. Die Pfeiler haben Sockel
von mannigfaltigster Bildung, besonders reich im Chor, teils rund, teils sechs-
oder achteckig, oft mit quadratischer Plinthe, die durch profilierte Eckstücke
!) In den Akten des Fürstlichen Archivs findet sich folgende Notiz aus dem Jahre 1860: „Nach
Christi Geburt ein Tausend Fünfhundert vier und neunzig diess Kirch gebaut, RenovuM war mit Gottes
Hilf zu End gebracht. An welchem man Anno zehen den Grundstein Anfang zu legen. Dieses Obige stand
allhier in unserer Kirche zu Lich an der Wand im Chor, allwo die Orgel früher stand, hinten an der Wand,
gerade wie es hier geschrieben und eine Eule darüber. — Durch das Renoviren im Jahre 1860 von Hoch-
fürstlichen Durchlaucht Fürst Ludwig ist es zugestrichen wurde.‘
Beschrei-
bung
Inneres
Daasnnsn