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Niederbessingen
Hungener Kirche genannt, mit der sie dem Marienstift in Lich inkorporiert wart).
Endlich führt die Beneficienordnung dieses Stifts vom Jahre 1504 als selbständige
Pfründe die Pfarrkirche in Bessungen inferiori auf?).
Von adligen Familien, die in Niederbessingen angesessen oder begütert waren,
finden wir: 1239 Guntram und Kraft v. Schweinsberg (vorübergehend). 1360 Otto
v. Engelhausen?), 1368 und später die v. Bellersheim, 1454 Wilhelm Löw v. Stein-
furt, der seinen Anteil am Zehnten, der von Braunfels zu Lehen geht, an Heinrich
v. Trohe verkauft®).
Geistliche Stifte hatten hier geringen Besitz. Kloster Arnsburg besaß nur
ein paar Wiesen (1368) und von 1374 an acht Jahre lang die große Wiese der
Bellersheim „zuschen den zweyn Beßingen‘®). Das Stift in Wetzlar erwarb 1509
neben der Erbvogtei im Hauser Gericht®) Höfe, Gülten, Rechte u.s.w. in Nieder-
bessingen”).
Eine Erscheinung jüngerer Zeit ist der Zusammenschluß der Handwerker
eines ländlichen Bezirks zu Zünften. In Niederbessingen finden wir am Turm der
Kirche, der sicher zugleich Befestigungsanlage war, die Zeichen von allerlei Zünf-
ten. Tatsächlich bestanden Verbände der Weber, Schuhmacher, Schmiede, Wagner,
Schreiner, Schneider und wohl auch anderer. An Mariae Lichtmeß zogen sie nach
Villingen, um gemeinsame Zusammenkünfte abzuhalten®). E.
Der Ort war befestigt. Kirche und ummauerter Kirchhof, an der Südostecke
der ursprünglichen Dorfgrenzen in die einst sumpfigen Wiesen vorspringend,
bildeten die Burg. Spuren der Ortsbefestigung sind noch vorhanden: Südöstlich
der Kirche Reste eines Walles, bis über die Bahngeleise reichend, weitere verein-
zelte Reste nördlich davon parallel zur Untergasse verlaufend. Im Zuge der Vorder-
gasse nördlich von der Einmündung des Ettingshäuser Weges scheint ein Tor
gestanden zu haben. Hier schließt sich nach Westen zu ein „Haingraben‘“ an,
der quer zur Vordergasse nach der Gartenstraße zu läuft, diese überschreitet und
dann im Bogen nach Süden und Südosten zu wieder zur Kirche zurückkehrt,
so daß wir hier bei derKreuzung der Untergasse ein zweites Tor annehmen können’).
Turm spätgotisch. Schiff 1738, Stuckdecke 1742.
Der Turm steht im Westen des Schiffes. Das unterste Turmgeschoß, der
Vorraum der Kirche, hat Kreuzgewölbe auf gekehlten Rippen, die frei aus
den Ecken herauswachsen. Der Schlußstein zeigt einen Dreipaß, darin Schild mit
Meisterzeichen.
1) Würdtwein, Subsidia diplomatica IV, 194ff.
?) Ebelin BHKG III, 21. 39.
3) Archiv VI, 303.
4) Scriba O. 2339. 2341.
>) AUB 1013.
6) S. bei Langsdorf.
”) R. Graf Solms .a.a. O. S. 50.
®) Im Jahre 1906 erinnerten sich noch zwei S1jährige Männer in Niederbessingen dieser Gepflogenheit.
°) Mitteilungen von Hermann Pein-Niederbessingen.
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Befesti-
gung
Kirche
Turm