364 Schiffenberg
Balduin unterstellte die Zelle unmittelbar seiner Obrigkeit und verbot den Deutsch-
herren jede Einmischung in ihre Angelegenheiten.
Die Bestimmung, die der Erzbischof über die Besetzung des Deutschordens-
hauses getroffen hatte, war nicht von langer Dauer, schon 1325 gestattet er,
veranlaßt durch die Unsicherheit der Zeit, daß die Zahl der Geistlichen auf sechs
beschränkt, die übrigen sechs Stellen aber mit Ritterbrüdern besetzt werden.
Eine bald eintretende Folge dieser Änderung war die Wahl eines Komturs aus
den Ritterbrüdern. Seit 1333 sehen wir das Haus Schiffenberg selbständig handeln,
bis dahin hatte es unter unmittelbarer Leitung des Marburger Komturs gestanden.
Der Propst war fortan der zweite Beamte.
Die Geschichte des Schiffenbergs beschränkt sich für die Folgezeit auf die
Geschichte seiner Güterverwaltung und zeigt einen fortgesetzten Kampf gegen
die drohende Verschuldung, Streitigkeiten mit Bauern und Grundbesitzern der
Umgegend und ähnliches. Von einem Hervortreten in irgendeiner Beziehung ist
nichts zu spüren.
Mit Einführung der Reformation in Hessen begannen neue Schwierigkeiten.
Bei den Versuchen, die Ballei Hessen zu säkularisieren, beschlagnahmte Philipp
der Großmütige 1543 auch den Schiffenberg und setzte einen hessischen Verwalter
ein. Gegen den Widerspruch Nassaus und des Kaisers konnte der Landgraf die
Ordenshäuser nicht halten, er verzichtete auf sie in einem 1545 mit dem Orden
abgeschlossenen Vertrag. Aber die Reformation ließ sich nicht aufhalten. Der
katholische Gottesdienst auf dem Schiffenberg soll als letzter in Hessen im Jahre
1561 abgeschafft worden sein.
Aus der späteren Zeit ist von Interesse der Kampf, den das Haus Schiffenberg
im XVIII. Jahrhundert mit Hessen-Darmstadt wegen der Landeshoheit führte.
Ähnlich dem Busecker Tal behauptete es seine Reichsunmittelbarkeit, unterlag
aber wie dieses in langwierigen Prozessen.
Das Jahr 1809 brachte das Ende des Deutschen Ordens: er wurde von
Napoleon aufgehoben. Schiffenberg wurde hessische Domäne.
Aus der Geschichte des Frauenklosters Cella unter Schiffenberg haben wir
noch einiges nachzutragen?).
Die Trennung, die im Jahre 1264 zwischen den Chorherren und dem Klöster-
chen beschlossen worden war, hatte sich nur auf die Güter erstreckt. In geistlicher
Beziehung war das alte Verhältnis bestehen geblieben, die Nonnen waren nach
wie vor vom Schiffenberg abhängig. Aber mit ihrem Vermögen ging es vorwärts,
das Kloster blühte zusehends auf und konnte im Jahre 1318 eine neue Kirche
und einen neuen Friedhof weihen lassen. Erzbischof Balduin gestattete die Über-
tragung zweier Altäre, von denen der eine der hl. Katharine geweiht war, aus der
alten Kirche in die neue.
Dann kam 1323 die völlige Selbständigmachung des Klosters, von der wir
oben gesprochen haben. Die Nonnen hatten ihren eigenen Propst, deren erster
‘) Vgl. hierzu Kalbfuß, MOHGV.17, S. 61; 18, S. 19ff., 40ff., sowie Rady, JOVLG 5 (1887),
S. 66ff. und MOHGV 1 (1889), S. 35£f. und 2 (1890), S. 98f£f.