Full text: Der Reichsgedanke im Altertum

LT EEE ET ESTER 
    
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
en 3 — 
vielfach nicht genügend berücksichtigt, anfangs nur kleine, später 
etwas größere Landmächte gewesen: das Reich der Pyramiden- 
erbauer in Ägypten nicht größer als etwa Belgien und Holland. | 
Persien ist die erste wirkliche Welt- und Überseemacht. | 
  
Für uns steht Griechenland obenan. Seltsam, daß wir in der 
griechischen Völkergruppe, die uns mit Recht als das Urbild staat- 
licher Zersplitterung, als Beispiel eines großartigen staatlichen 
und persönlichen Individualismus erscheint, einen Reichsgedanken 
suchen wollen. Einer der feinsten historischen Kenner, Kenner 
namentlich auch des Griechentums, J. G. Droysen, hat das cha- 
rakteristische Wort über die Griechen gesprochen: ‚Das glückliche 
Schaffen einer nationalen, das vergebliche Suchen einer politischen 
Einheit ist ihre Geschichte.‘ Das Wort ist im großen sicher richtig. 
Stolz hat sich die griechische Nation abgeschlossen gegen alles 
Nichtgriechische als Barbarentum. Aber dennoch bleibt Raum für 
das Suchen nach dem politischen Einigungsgedanken. Vereinzelt 
regt er sich schon früh auf religiösem Gebiet. Ich verweise hier auf 
die großen Nationalheiligtümer, vor allem auf die Vereinigung der 
Nachbarvölkerschaften in der Amphiktionie, ‚der Umwohner- u 
schaft‘‘ von Delphi. Im engeren Stammesnationalismus kommt A 
das politische Einigungsbedürfnis zutage. Milet war der Mittel- 
punkt der ionischen Zwölfstädteschaft und schuf im sechsten Jahr- I 
hundert ein mächtiges, lose gefügtes Kolonialreich im Nordosten. I 
Aus der inneren Entwicklung heraus wachsen die kleinen Dynasten- F 
staaten der sogenannten älteren Tyrannen wie Periander von 
Korinth, Peisistratos von Athen, Polykrates von Samos, im vierten 
Jahrhundert in Sizilien auch die Schöpfungen der jüngeren Tyrannen, 
wie Dionysios I. und Agathokles’ von Syrakus. Aber nur ein einziges 
Mal hat der Gedanke einer politischen Einheit des Gesamtgriechen- 
tums frei von dynastischen Plänen einer großen Persönlichkeit vor- 
geschwebt, im einzelnen noch unbestimmt, aber doch nicht nur als 
traumhaftes Ideal, dem Mann, den wir in seinem Wesen überhaupt 
als die Verkörperung des reinsten und echtesten Griechentums be- 
trachten können, Perikles von Athen. Gerade in der allerletzten 
Zeit ist bestimmt die Meinung ausgesprochen worden, daß der 
politische Einigungsgedanke bei den Griechen nie praktisch hervor- 
getreten seit). Doch man hat dabei allein nur an das fest Gewordene 
gedacht, nicht an das Geplante. Nur Andeutungen sind vorhanden, 
aber viele, und alle weisen auf das gleiche Ziel. 
  
  
  
  
1) U. WıLcken, Sitzungsber. Akademie Berlin, 1929, 310 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.