Paläste — Westliche Kunst — Eisen — Malerei 7%
fiziert durch die dortigen klimatischen und technischen Bedingungen. Nach ihrem
Vorbilde dürften in der Hanzeit die ‚modernen‘ Bauten Chinas geschaffen sein.
Der Steinbau hat den Holzbau in China niemals völlig verdrängt; Steine und
Marmorbelag wurden nur für Brücken, Bassineinfassungen, Hofplatten und Treppen
verwendet, während der Hochbau teils in alter Holzkonstruktion oder aus
Lehmwänden beibehalten blieb.
Die gleichen Prinzipien, ebenfalls im vollsten Gegensatz zu dem älteren, festungs-
artigen Stadtbau, finden wir in China wie in Rom: Verteilung der einzelnen Räume
über das ganze Areal in separat stehenden Bauten, die oft miteinander verbunden
sind, Ausnutzung der Schönheit der Landschaft, Terrassenanlagen, Türme und Pa-
villons zum Genuß von Fernsichten, besonders auf das Gebirge, Wasserbassins und
Gärten mit Figurenschmuck. Überall freier Zutritt von Licht und Luft. Ferner ist
charakteristisch die Betonung der Portiken, die so oft als möglich in allerlei Formen
und verschiedensten Arten angewendet werden.
Die Aufstellung von freistehenden Menschen- und Tierfiguren ist ebenfalls
eine Nachbildung der klassischen Kunst. Es ist zu beachten, daß die Götterfiguren
der Antike von den Chinesen als Menschenfiguren, daher stets bekleidet in der dem
Klima entsprechenden Tracht des Landes, aufgefaßt wurden. Da diese Mode der
Steinfiguren nicht durch den Geist des Göttergedankens unterstützt wurde, so kam
sie bald wieder in Verfall. In der späteren Zeit sind Statuen ausschließlich auf prunk-
volle Grabanlagen, die den antiken Geist besser bewahrten, beschränkt.
Vielleicht gehören zu diesem Stile die oft turmartigen oder mehrstöckigen Seiten-
flügel der Palastbauten, die den meist quadratischen Hof umfassen, der von der
Zugangsseite offen gelassen oder durch Tore abgeschlossen wurde. Auch der
Innenhof, um den die Gebäude gelagert, gegenüber dem früheren Außenhof,
dürfte diesem römischen Stil entsprechen und ebenso die durch Tore geteilten,
aber in sich geschlossenen Höfe hintereinander, die in der Folge immer mehr
Anwendung fanden.
Das Eisen wurde in China für Schwerter und Lanzen, aber nur in sehr
bescheidenem Umfange, angewendet, und bis 291 n. Chr. gab es noch Bronze-
waffen. Das eigentliche Nutzmetall für die Kunst blieb stets die Bronze. Wie
in Griechenland durch das Aufhören des Handels mit dem Orient die Edelmetalle
im 1. Jahrtausend v. Chr. selten wurden und ein Ersatz durch dünn gehämmerte
Plättchen geschaffen wurde (s. S. 52), so finden wir die gleiche Art zum Schmuck
der Häuser in China. Die Technik des Hämmerns und Treibens an Stelle des
bisher stets angewendeten Gusses dürfte durch das Schmieden des Eisens er-
lernt sein.
Bei den erwähnten Malereien ($.71) dürfte es sich noch nicht um Kunstwerke
handeln, denn selbst ein Zeitgenosse, der Prinz von Huainan (gest. 122 v. Chr.)
kritisiert die Maler, daß sie ‚jedes Haar malen, aber einen Ausdruck im Gesicht fehlen
lassen“. ') Trotzdem scheinen die Gemälde damals einen großen Eindruck gemacht
zu haben. Neben Porträts werden Bilder von Ochsen, Pferden und Vögeln erwähnt
und bei einzelnen Malern die Kolorierung gelobt. Leider erschien es den Chronisten
wichtiger, wunderliche Histörchen aus dem Künstlerleben, als Beschreibungen der
Kunststile und Abbildungen zu geben.
Die Entwicklung der Malerei scheint mit der großen Reformbewegung zu-
sammenzuhängen, die im 4. Jahrhundert v. Chr. beginnt und in der Han-
zeit eine gewisse Vollendung erlangt. Conrady hatte die große Freundlich-
1) H. A. Giles, An introduction to the history of Chinese pietorialart. Shanghai 1905.