Lolos — Miautze — Glocken — Bronzetrommeln 95
ist.!) Dabei müssen wir immer berücksichtigen, daß damals die Chinesen ein
kleines Reich im Norden bildeten und die Miautze weite Strecken der langen
Südküste bis über Shanghai hinaus bewohnten. Das gleiche Glockengeld scheint
auch nach China gekommen zu sein, wo die Erinnerung an die alte Glockenform
in Bronzemünzen aus sehr alter Zeit?) bewahrt worden ist. Wir haben das Messer-
geld (Abb. 20, 21) kennen gelernt und gesehen, daß skythische Messer etwa seit
dem 2. Jahrhundert v. Chr. als Vorbilder gedient haben. So sind auch sicher
wirkliche Glocken die Vorbilder für das bereits in der Chouzeit in Gebrauch ge-
wesene Glockengeld. China importierte Bronze und scheint seinen Bedarf zuerst
im Süden, dann im Westen gedeckt zu haben; die jeweilige Form des Importes
blieb maßgebend für die Gestalt der Scheidemünze.
Die ältesten in Japan gefundenen Glocken, die von den späteren reich
ornamentierten, chinesischen wesentlich abweichen, scheinen auch in einem gewissen
Zusammenhange mit den gleich zu erwähnenden Bronzepauken oder Trommeln
zu stehen, die von den Chinesen für die Manhäuptlinge gegossen wurden.
Die Manstaaten, die in der Zeit der chinesischen Annalen auch die Miautze-
und Lolosvölker umfaßten, haben nur eine geringe, aber sehr eigenartige Kultur
besessen. Im 3. Jahrhundert v. Chr. begründete ein Nordchinese eine selbständige
Herrschaft über Manländereien am Yangtsekiang, infolgedessen begannen chine-
sische Sitten dort einzudringen. Obgleich 111 v. Chr. die Chinesen bereits die
Gebiete eroberten, wurden erst 41 n. Chr. die Barbaren endgültig vom General Ma
Yüan bezwungen und die Bewohner zu Tausenden enthauptet. Es begann eine
chinesische Verwaltung. Hauptstädte mit befestigten Mauern und Wassergräben
wurden angelegt. Im 3. Jahrhundert n. Chr. begannen wieder neue Kämpfe, be-
sonders im Südwesten, die sich vielleicht bis Birma ausgedehnt haben.
Daß die Manstaaten, sogar schon die älteren Miautzevölker, vor der Berührung
mit der chinesischen Kultur den Bronzeguß kannten, ist durch obige Ausführungen
über die Glocken sehr wahrscheinlich. Das Land hatte großen Reichtum an Kupfer-
materialien. Dem kriegerischen Geiste entsprechend wurde der Guß von Bronze-
waffen aller Art besonders gepflegt. Die Einfuhr von Eisenwurde 100 v. Chr. vom
chinesischen Kaiser verboten, nachdem vorher die Ablieferung aller Waffen verlangt
war. Ma Yüan ließ alle Bronzewaffen und -geräte sammeln und einschmelzen.
Aus diesem Material wurden hohe Grenzsäulen, Schiffsausrüstungen und — was uns
am meisten interessiert — mehrere hundert Bronzetrommeln gegossen, die an die
Manhäuptlinge als Autoritätszeichen verliehen wurden, und ferner ein Pferd von
1,75 m Höhe, das der Kaiser Wuti (140—86 v. Chr.) vor einem seiner Paläste auf-
stellen ließ.
Über die Bronzetrommeln?) mit ihrer eigenartigen Ornamentik ist eine
1) Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte, Bd. I, S. 85—87, und Bd. III, 8.133
bis 136, Abb. 119a.
2) Vgl. Abbildung in Bd. II, Kapitel über Bronze.
3) Fr. Hirth, Über hinterindisehe Bronzetrommeln, T’oung-Pao 1890, I, S. 137—142.
— Schmeltz, Bronzepauken im indischen Archipel, Intern. Archiv fe Hekaesraplıe, 1896,
Bd. IV, Suppl. — A. B. Meyer und Foy, Bronzepauken aus Südostasien, Dresden 1897,
13 Lichtdrucke. — De Groot, Die antiken Bronzepauken im Östindischen Archipel und
auf dem Festlande von Südostasien. Oriental. Seminar, Berlin, 1901, Abt. I, Jahrg. IV. —
Fr. Heger, Alte Metalltrommeln aus Südostasien, Leipzig 1902, 45 Tatale, — W. Foy,
Über alte Bronzetrommeln aus Südostasien, Anthropolog. Ges., Wien 1903, Bd. XXXIII.
— Fr. Hirth, Chinesische Ansichten über Bronzetrommeln, tel. er, Berlin 1904,
VII, S. 200. -- Foy, Rezension von van Hoövell-Schmeltz, Zentralbl, f. Anthropologie 1904,
S. 301. — Foy, Rezension von Fr. Hirth, Chinesische Ansichten über Bronzetrommeln,
Anthropol. Ges. Wien, XXXVI, 1906, 8. 44—50.