a REN SL
Höhlen — Särge — Schwerter — Bilder — Zusammenfassung 99
Mann hindurchgelangen kann, durch die Decke des unteren in das obere Stockwerk.
Manchmal ist eine ganze Reihe nebeneinander liegender Höhlen durch einen Quer-
gang verbunden, doch ist dies immerhin die Ausnahme. Die Eingänge sind gewöhn-
lich zugemauert; wenn das Grab sich in einem Berge befindet, mit Sand und Erde
unsichtbar geschlossen, der Eingang ist dann nur ein schmaler Torweg. Aus den
Münzen sollte sich das Alter der Gräber feststellen lassen; soweit sich etwas sagen
läßt, entstammen die meisten, stets chinesischen Münzen etwa der Zeit um Christi
Geburt.‘
Der Bericht fährt fort:
„Weniger großartig an Zahl und Umfang sind die Gräberfelsen in Nordyünnan,
die sich auf drei riesigen Felsen um die Seezollstation Laowatan, etwa sieben Reise-
tage von dem genannten Suifu am Yangtse, gruppieren. Die Särge befinden sich an
diesen drei riesigen Felsen in einer Höhe bis zu 600 m über dem Wasserspiegel, zum
Teil an einer steilen und glatten Felsenwand, die ein menschlicher Fuß weder von
unten, noch von oben aus erklimmen kann. Es ist zwar anzunehmen, daß das Fluß-
bett, in dem die Straße geht, sich allmählich gesenkt hat, dann müßten diese Gräber
aber urehrwürdigen Alters sein. Die Särge sind verschieden von denen, die man
sonst hier in Yünnan sieht, sie bestehen einfach aus einem ausgehöhlten Baum-
stamm mit einem Deckel darüber. Man kann sie von der Straße, die auf der anderen
Seite am Flusse entlang führt, mit bloßem Auge deutlich sehen, mit dem Fernstecher
aber ganz im einzelnen erkennen. Manche scheinen unangetastet, andere sind geöffnet,
wieder andere sind leer.“
Dieser Bericht läßt vermuten, daß die Laowatan-Höhlen aus der Zeit vor der
Berührung mit den Chinesen stammen, während die Tschengtuhöhlen erst in der
Hanzeit angelegt sind. Die Sarkophage, Menschen- und Tierfiguren aus Ton,
sowie die Schwerter aus Eisen, deren Form bisher unbekannt ist, entsprechen wahr-
scheinlich den japanischen Dolmensitten !) und dürften ebenfalls Reste einer vor-
chinesischen Zeit sein. Am wichtigsten ist die Erwähnung von geflügelten Götter-
gestalten und Tierfiguren. Im alten China — soweit unsere bisherige Kenntnis
reicht — sind derartige Darstellungen nicht in der Prä-Hanzeit nachweisbar.
Zusammenfassung
Wir lernen in diesen Höhlenfunden und den Reliefs der
Bronzepauken eine Kunst kennen, die in der vorchristlichen
Zeit der chinesischen vielleicht überlegen war und daher
sicher einen Einfluß ausgeübt. haben wird, der allerdings
mit den gleichzeitig aus Westen und Süden eindringenden,
stärkeren Kunstströmen zusammentraf. Im wesentlichen sind
der geometrische Stern, der Frosch und der Elefant als neue
Motive hinzugekommen.
1) Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte, Bd. III, Abb. 2—4, 6; — vgl. Literatur-
angabe 8.10, Anm. 1.