Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

   
Älteste Bilder — Huachien — Ku Kaichih 119 
aus der Mongolenzeit (1280—1368) fügt gleich hinzu, daß echte Originale von ihm 
nicht mehr zu schen sind. Um so glücklicher können wir uns schätzen, daß eine Bild- 
rolle von dem zweitberühmtesten Künstler der Zeit, Ku Kaichih, durch Zufall erhalten 
und im British Museum uns zugänglich gemacht ist.') 
Ku Kaichih, geboren zu Wuhsi in Kiangsu, wird zuerst um 364 genannt. 
Eine lange Liste seiner Bilder ist vorhanden. Es ist interessant, zu hören, wie viel- 
seitig ein Maler jener Zeit war und wie fast alle Motive der späteren chinesischen 
Kunst schon damals künstlerische Gestalt erhielten. Neben Drachen, Tigern und 
Leoparden werden buddhistische Bilder, Landschaften und besonders Porträts er- 
wähnt. Und nicht nur in dem 
kleinen Format der langen schma- 
len Schriftrollen, sondern auch in 
gewaltigen Dimensionen konnte er 
arbeiten. So wird erzählt, daß er 
für einen Tempel eine Million 
Kupfermünzen zeichnete und, als 
man Zahlung forderte, einen Monat 
Zeit erbat. Er schloß sich in den 
Tempel ein, und als die Türen ge- 
öffnet wurden, hatte er auf der 
Wand eine buddhistische Darstel- 
lung gemalt, die solches Aufsehen 
erregte, daß von allen Seiten Gläu- 
bige herbeiströmten und das Geld 
schnell zusammenkam. 
„Es ist leichter,“ sagte er, 
„den Vers: ‚Die Hand schlägt 
die fünf Saiten der Laute‘ zu illu- 
strieren als den anderen Vers: ‚Die 
Augen folgen dem Fluge der wilden 
Gänse‘.“ Hieraus können wir die 
neuen Probleme der Zeit erkennen. 
Das Künstlerauge ging über das 
Naheliegende hinweg in die weite 
Ferne und sah nicht nur das ein- Se 
zelne, sondern nahm die Natur Abb.80 Die kaiserliche Hofmeisterin schreibend, mit Papier 
( 1 o1NG und Pinsel in der Hand 
als Landschaft u der Bewegung Illustrationen (Abb.80—84) zu Tehang Hua (232—300 n. Chr.): 
der Tierwelt wahr. Aber diese „Ratschläge der Hofmeisterin des Palastes“ 
Dars N hi el be Leicht getönt in bunten Farben, Aussehnitte einer Bildrolle, 
arste ung erschien vVIe SCHWIE- 3,5 m lang, British Museum, London, von Ku Kaichih, 4. Jahrh. 
10 1 a ; (Aus: 81 82, 83 Binyon, Burlington Magazine, Bd. IV, 1904; 
riger als die erzählende Darstellung eo 
eines musizierenden Menschen, und Text s. 8.110 u. 122 
wirklich finden wir auf seinem 
Bilde die Figuren sehr fein gemalt, aber die Landschaft völlig primitiv. Besonderen 
Wert legte er bei den Menschen auf den Ausdruck des Charakters. „Das Geheimnis 
eines Porträts,“ sagte er, „liegt in dem, was in dem Auge der dargestellten Person 
sich offenbart.‘ 
1) Lawrence Binyon, A Chinese painting of the fourth century. Burlington 
Magazine, Jan. 1904, 3 Tafeln. — Binyon, Painting in the far East, S. 37—48. — 
Giles, Chinese pictorial art, 8. 17—21, Abb.: Familienszene. — Chavannes, Ku K’ai-tche. 
T’oung-Pao 1904, 8. 323—8325. — Chavannes, Notes sur la peinture de Ku K’ai-tche 
conserv6e au British Museum. T’oung-Pao, 1908, >. 76-86. 
  
      
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
  
  
  
  
   
  
   
  
   
    
	        
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