128 Verschiedene Dynastien — 3. bis 7. Jahrhundert
Bildnis von dem Gründer der Lehre war vorhanden. In freier Phantasie, 500 Jahre
nach seinem Tode, hat die geschickte Hand des griechischen Handwerkers, geleitet
durch den Geist gläubiger Priester- Künstler, das Idol der Lehre nach der
Apollofigur geformt.
Nachdem der antike Einfluß auf die Entstehung der Buddhafigur nach-
gewiesen war, wurde die buddhistische Kunst in Ostasien als gräko-indisch be-
zeichnet (8. 117). Die Könige von Gandhara hatten zwar griechische Handwerker
engagiert, aber ihre Arbeiten sind durchaus handwerksmäßig gewesen, und erst
die indischen und chinesischen Künstler schufen mit den Mitteln der Antike einen
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Abb. 87 Ornamente in griechischem (h—X%)
und in chine-
sischem (a) Stil, farbig, grün und rot, auch blau und braun,
vom Felsrelief in den Grotten zu Tatong, Shansi, Nordwei-
dynastie, 5. Jahrh.
(Aus: Kokka, Heft 198)
Text s. S. 130
eigenen, indisch - buddhistischen
Stil. In den ersten Jahrhun-
derten nach Christi Geburt dürfte
der römische Kolonialstil noch
eine starke Wirkung ausgeübt
haben; hierfür sprechen Siegel-
abdrücke (Abb. 98) und der
Faltenwurf (Abb. 97), wie wir
weiter unten sehen werden. Eine
Fülle von Einzelausführungen sind
unzweifelhaft aus der Antike ent-
nommen, aber essind stets äußere
Symbole (Abb. 88), Ornamente
(Abb. 87), Umrahmungen, Trach-
ten und dergleichen. Die künst-
lerische Auffassung und Ver-
arbeitung zeigt dagegen eine
durchaus selbständige asiatische
Ausbildung. Okakura geht sogar
so weit, daß er glaubt, daß ‚ein
besseres und tieferes Studium der
Gandharawerke selbst bei ihnen
einen größeren chinesischen —
besser würde es heißen in-
dischen — als sogenannten grie-
chischen Einfluß erkennen lassen
wird.“!) Jedenfalls hat die Gan-
Aharakunst viele Veränderungen
auf dem weiten Wege von ihrer
Geburtsstätte über Pamir und
das Tarimbecken bis nach China
erlebt und nicht in der ursprünglichen Form direkt, sondern schon in der mittel-
asiatischen Umformung ist sie nach China gelangt.
Wie wenig griechischer Geist mit den'äußeren Formen zugleich nach Asien
gedrungen ist, zeigt schon der Unterschied in den dargestellten Motiven. Der Grieche
schuf die nackten, klassischen Körper in edler Bewegung, um seinen kämpfenden
und liebenden Göttern, die durch Muskelkraft und Schönheit siegten, eine mensch-
liche Form zu geben; der Buddhist dagegen sieht das Ideal für den entsagenden
Meister seiner Lehre in der bekleideten Figur, die nur durch Gehirntätigkeit, unter
Ausschaltung aller körperlichen Kraftentfaltung, sich selbst bezwingt. So wurde
bei den Griechen die Stellung und Bewegung des nackten Körpers der eigentliche
1) Okakura, The ideals of the East, S. 78.