136 Verschiedene Dynastien — 3. bis 7. Jahrhundert
genau der Beschreibung des Theophilus in seiner Schrift ,‚De diversis artıbus“
aus dem Anfange des 11. Jahrhunderts über den Bronzeguß in Europa. Es dürfte
daher die alte Technik der Meister des Kolosses von Rhodos gewesen sein, die über
Rom nach China und nach Europa gewandert war.
Die zahlreichen Bronzefiguren sind bei den Buddhistenverfolgungen, den Re-
volutionen und Plünderungen alle verloren gegangen, nur in Japan haben sich einige
erhalten (Abb. 94 und 95), deren Inschriften auf das 5. Jahrhundert hinweisen. Es sind
zwar freistehende Statuetten, aber noch zeigen sie deutlich ihre Entstehung aus der
Reliefplastik, indem der Heiligenschein den Hintergrund bildet, auf dem sich die
Körper reliefartig abheben. Und ganz ähnliche Figuren in Ton (Abb. 96) sind in
Khotan ausgegraben. Während bei letzteren der runde Nimbus, wie er in Indien und
in Gandhara ausschließlich vorkommt, den Kopf krönt, ist er in der chinesischen Auf-
fassung zu einer blattförmigen Gloriole gestaltet und dann hinter den ganzen Körper
ausgedehnt. Diese Form ist bisher noch in keinem anderen Lande der Welt gefunden
worden. Die griechischen Akanthusblätter der Rosette sind zu Reliefbuckeln gestaltet
und dann in Flammenornamente aufgelöst. Die kleinen Buddhas auf der Gloriole
in Bronze sind Nachahmungen von Tonarbeiten, bei denen durch die Technik der
Formenstempel die Wiederholung entstanden ist.
Auch andere Einzelheiten zeigen die Vermischung desG@andhara- und
indischen Stiles mit der chinesischen Eigenart. In Indien ist der runde Lotus-
untersatz üblich, aber hier sehen wir einen viereckigen Sockel mit griechischer
Profilierung wie in Gandhara, während der ausgebuchtete Ausschnitt eine chinesische
Zutat bei den Arbeiten bis zum 6. Jahrhundert ist. Die Figuren auf den Sockeln
entbehren wiederum der symbolischen Beigaben, die in der Gandharakunst üblich
sind. Die Haare kommen meist in der gekräuselten, indischen Art vor, aber
finden sich auch in der gewellten und aufgeflochtenen Art von Gandhara.
Die Ausführung der Füße ist plump und steif, aber gewisse Stellungen sind
deutlich unterschieden. Auf den Steinreliefs fanden wir die Figuren mit herunter-
hängenden Beinen noch in europäischer Art auf dem Stuhle sitzend (Abb. 86); diese
Stellung ist, mit anderen Formen zugleich, später für Buddhadarstellungen völlig
vergessen ; nur dieMöbel
der Chinesen erinnern
noch an den westlichen
Einfluß, während in In-
dien und Japan Stuhl
und Tisch unbekannt
geblieben sind. Daneben
kommt der später vor-
zugsweise angewendete
Sitz mit untergeschla-
genen Beinen (Abb. 93
bis 95) vor, und gleich-
sam ein Übergang vom
europäischen zum asia-
tischen Sitz ist die Stel-
lung auf dem eckigen
oder runden Lotus-
sockel, von dem ein
Bein herabhänst und
das andere über das
Abb. 97 Buddhistische Figuren im gräko-indischen Gandharastile. Stuek- Knie hochgezogen ist
relief an der Mauer der Rawak Stupa, Khotan, vor dem 4. Jahrh. .
(Aus: Stein, Aneient Khotan) — Text s. 8. 137 (Abb. 104). Bei stehen-