Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

NE RATEN 
   
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
       
II. Tangzeit (618—960) 
„Wenn der Chinese vom Zeitalter der Tangdynastie redet, so denkt er dabei 
in erster Linie an die Glanzperiode der lyrischen Dichtung. Die Gedichte aus der 
Zeit der Tang sind in der Tat so 
sehr in den geistigen Besitz der 
Nation übergegangen, daß es 
wohl kaum einen gebildeten 
Chinesen geben dürfte, der nicht 
eine größere Anzahl jener Dich- 
tungen auswendig könnte.“ 
„Und doch bietet die Lyrik 
der Tangzeit nichts dem Wesen 
nach Neues, nichts, was nicht 
schon die vorhergehenden Jahr- 
hunderte, wenn auch in geringerer 
Vollendung, aufzuweisen hätten. 
Das Unterscheidende und Charak- 
teristische jener Dichtungen liegt 
eben nicht sowohl in der Neuheit 
der Stoffe — denn von solcher 
kann kaum die Rede sein — als 
vielmehr in der virtuosen Be- 
herrschung der Form.“ Während 
der Hauptreiz der alten Lieder 
„in der ungekünstelten Natür- 
lichkeit ihres vorwiegend volks- 
tümlichen Tones liegt,“ kann 
man wohl sagen, daß in der 
Tangzeit „der Entwicklungs- 
prozeß, durch den sich die ur- 
sprüngliche Volkspoesie zur 
Kunstdichtung umgestaltet hat, 
seinen endgültigen Abschluß 
findet. Von nun an bleibt die 
Dichtkunst gewissen Satzungen 
und Vorschriften unterworfen, 
die nicht mehr umgangen werden 
dürfen: sie wird zur Kunst im 
Sinne des technischen Könnens“. 
Was Grube!) für die Dicht- 
  
  
  
Bee: ä Abb. 120 Prozession in Staatsgewändern. Oben: Felsenland- 
; ee 2 schaft. Felsrelief in den Grotten von Longmen, bei Honan, 
1) Grube, Geschichte der chine- auf Befehl vom König Tai vom Weistaat, 642 
. : ar 2 (Aus: Chavannes, Voyage archdologique dans la Chine 
sischen Literatur. Leipzig 1902, arbneiondfe, 1008; 
S. 262. Text s. 8. 161
	        
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