Abb.135 Amoghavajra kam aus Südindien als Knabe nach
China und studierte die mystischen Lehren des Tantra
unter ihrem Begründer, dem Indier Vajrabodhi, 741— 746,
ging auf Befehl des Kaisers Hsuantsung nach Indien zum
weiteren Studium und starb 714 im 70. Lebensjahr; far-
bige Malerei, etwa 1,8 m hoch, im Tojitempel, Kyoto, Japan,
vonLi Chen, unbekanntem Maler der Tangdynastie, Bilder
Originale und Kopien — Japanische Altertümer — Porträts
Abb. 136 Bodhisatva Lung Meng, südindischer
Gelehrter, Begründer der esoterischen Sekte,
aus dem 3. Jahrh. n. Chr., farbiges Bild, etwa
2,20 m hoeh, im Tojitempel, Kyoto, Japan, an-
geblich gemalt von Kobo Daishi, nach Rückkehr
aus China, signiert 821
(Aus: Tajima, Selected relics of Japanese art,
von Kobo Daishi (774—835) aus China mitgebracht Bd. XII)
(Aus: Tajima, Seleeted relies of Japanese art, Bd. VII) Text zu Abb. 135 u. 136 s. S. 174
In ganz abweichender Art ist ein anderes Porträt (Abb. 137) ausgeführt. Auf
den Kobobildern sehen wir die Figuren einfach und großzügig erfaßt, das Interesse
ist auf den Kopf mit individualisiertem Ausdruck konzentriert, während Gewandung
und Sitzhocker mehr als Farbfleck denn als Zeichnung eingefügt sind; dagegen ist
hier die Ausführung in einer Art, die wir von indischen oder persischen Miniatur-
malereien her kennen. Der lackierte Sockel ist mit liebevoller Sorgfalt der Original-
lackmalerei-nachgebildet, unbekümmert um die Unruhe, die das Bild durch das
kleinliche und vordringliche Detail erhält. Die gleiche Unruhe ist auch in der Figur.
Die Gewandung:ist mit zierlichen Mustern bedeckt, und jeder einzelne Nagel an den
Fingern und Zehen ist sorgfältig ausgeführt. Das Bild hat einen hohen Kunstwert,
da die ‚Linienführung besonders in dem eckigen Kopf und den sehnigen Händen,
die müde-herabhängen, vortrefflich ausgeführt ist. Dieser Stil der Linienführung
ist für’ alle späteren Zeiten beibehalten, sicher ist er aber viel älter als das Bild, das
der Tangzeit, vielleicht erst der Sungzeit, angehören dürfte..
Um.immer- wieder zu zeigen, wie unzuverlässig die ‚berühmten‘ Traditionen
in Japan -sind,- erwähne ich, daß dieses Bild ursprünglich dem Ku Kaichih aus
dem 4. Jahrhundert (vgl. 8.119 und Abb. 80—84) zugeschrieben wurde; allerdings
bestreiten moderne japanische Kunstforscher, wie Tajima, bereits die Richtigkeit
der Angabe. Der Naturalismus, die zierliche Ausarbeitung und das abgepaßte Bild
in Hochformat —- im Gegensatz zu den früher allgemein angewandten Bildrollen —
schließen‘ eine ‘frühe Zeit der. Herstellung aus. E
In der gegensätzlichen Ausführung dieser Porträts lernen wir den Gegensatz
kennen, der in der späteren. Weiterentwicklung der. Kunst stets beibehalten. wird,
die lineare Einzeldurchführung‘ und die getönte Farbenwirkung.