Glaubensfreiheit — Islam — Kunst der Araber 193
dem Handel im Osten gedient hatten, so wurden jetzt arabische Silbermünzen als
Geld eingeführt.
Die vordringenden Mohammedaner waren in Zentralasien Nachbarn von China
geworden, und es heißt, daß 755 der Kalif dem chinesischen Kaiser 4000 arabische
Soldaten zur Hilfe gegen Rebellen im Westen sandte. Diese erhielten dann die Er-
laubnis der Ansiedelung und bildeten den Urstamm der mohammedanischen Be-
völkerung im westlichen China. So schildert es der chinesische Hofstil; m Wirklich-
keit dürften Araber unbebaute Ländereien im Westen erobert und dann eine
Suzeränität Chinas anerkannt haben.
Gegen Ende der Tangherrschaft war die Zentralgewalt nicht mehr fähig, den
inneren Aufständen zu begegnen. Rebellen zerstörten 877 Kanton, die blühende
Metropole des Überseehandels. Nach arabischen Berichten!) wurden kostbare
Warenlager erbeutet und 120000 Mohammedaner, Christen, Juden und Perser
getötet. Damit war der arabische Handel zerstört und China von dem Seewelt-
verkehr abgeschnitten.
In der Sungzeit wurden wiederholt Gesandtschaften ausgetauscht, 2) aber
kein reger Handelsverkehr entstand. Die Araber waren über China nicht besser
unterrichtet als die Chinesen über das Kalifenreich. ‚Den Chinesen der Sung-
zeit — sagt Hirth — galten Streitschriften über einheimische philosophische
Literatur des Altertums viel mehr als Notizen über fremde Länder.“
Erst als die Mongolen im 13. Jahrhundert ihr Weltreich gründeten, kamen
arabische Kaufleute zu See wieder nach China, und diesmal wurde Futschau der
Hafenplatz für die Überseeschiffe. Seit 1525 genießen die Mohammedaner die
gleichen Rechte wie alle übrigen Einwohner des heiligen Reiches.
Wenn wir fragen, welchen Einfluß die große Kunst der Araber, der
über tausend Jahre alte Verkehr und die vielen Millionen Gläubigen auf die
chinesische Kunst ausgeübt haben, so erhalten wir merkwürdigerweise die Ant-
wort: gar keinen. Die älteste Moschee in Kanton aus der Tangzeit hat die
Wände mit arabischen Koransprüchen bedeckt, ist aber sonst ein chinesischer Bau.
Inschriften finden sich auch auf Arbeiten des Kunstgewerbes, auf Bronzen, Porzellan
und Glas, aber in Tracht und Sitten, Möbeln und Werkzeugen sind diese Moham-
medaner Chinesen geblieben oder geworden.
Nur in der Mingzeit werden wir bei den Architekturen?) einen ganz geringen
mohammedanischen Einfluß kennen lernen, der sich aber auch nur auf wenige
Ornamente beschränkt. Wenn die Araber im 15. Jahrhundert die Lehrmeister in
der Glasfabrikation und in der Malerei unter der Glasur wurden, *) so waren
arabische Handwerker, die von chinesischen Schiffen aus Arabien mitgebracht
waren, die Vermittler.
Mohammedanische, ungebildete Kaufleute, Krieger und Bauern waren zu
Tausenden eingewandert und freuten sich, wenn sie ihrem Handel und Beruf
nachgehen und ihre Religion und Sprache unter sich pflegen durften. Ihnen fehlte
die Bildung und Energie, um die hohe und eigenartige Kultur ihrer Heimat in
die ferne Welt zu verpflanzen. Wie anders die buddhistischen Mönche, die mit
ihren Kultgeräten zugleich die Sprache ihrer Kunst einführten; allerdings blieb
diese Sprache auf die Darstellungen ihrer Religion beschränkt.
1) Nach Bericht von Abu Zaid Hasan al-Sirafi im 5. Jahrhundert, s, Reinand,
Geographie d’Albufeda, Paris 1848, Bd. I, S. XXXILI.
2) 966 reiste der Bonze Hsingehin nach dem Westen. 968, 971 u.s. w, wurden Ge-
schenke geschickt. 986 und 1003 kamen Gesandtschaften nach China, Vgl, Hirth, Die
Länder des Islams nach chinesischen Quellen. T’oung Pao, Supp. V.
3) Vgl. Kapitel über Architektur in Bd, II.
#) Vgl. Kapitel über Töpferei in Bd, II.
Münsterberg, Chinesische Kunstgeschichte 13