196 Fremde Religionen und Völker
Staates gefürchtet, von den Bürgern des Landes verehrt,“ starb er 782 als eifriger Be-
kkenner und Förderer des Christentums. In dem oleichen Jahre wurde der Stein errichtet.
Um diese Zeit (762) kamen auch vier Nestorianermönche zur Bekehrung in
das Reich der Uiguren,!) die nach Besiegung der Türken einen eigenen Staat begründet
hatten und nach einer militärischen Hilfeleistung von China als selbständiger Bruder-
staat anerkannt waren.
Jene blutige Revolution in Kanton, die den Mohammedanismus traf, hat auch
dem Christentum geschadet. Da die Nestorianer im Gegensatz zu den römischen
Katholiken nur das Kreuz anbeten und keine Bilder benutzten, so sind auch keine
anderen Symbole als Kreuze gefunden, und ein Einfluß auf die chinesische Kunst
konnte-nicht stattfinden. Die Nestorianer hatten ın Persien, Syrien, Indien und
Tibet ebenfalls große Erfolge, aber nur in China ist ein Denkmal gefunden.
Eine neue Belebung des Christentums er-
folgte, als Papst Innozenz IV. (1246) Missionare unter
Leitung von Jean de Plan-Carpin, und Ludwig der
Heilige von Frankreich drei Jahre später den Pater
Ruysbroeck mit Begleitung an den Hof des Mon-
solenkaisers sandten. Von beiden sind Reiseberichte
erhalten. Jetzt kamen zum ersten Male Altäre, Reli-
quien und allerlei Kirchenschmuck nach China. Die
zasAiriaee
ER
| sen tatarischen Fürsten nahmen die Fremden in ihren
| es Zelten auf und erlaubten den Bau von Kapellen.
| In ; Ruysbroeck fand bereits in Karakorum, der Haupt-
| rm stadt der Mongolen, eine christliche Kirche vor mit
1780 CARACTERES
prächtigem Altar, großem, silbernem Kreuz mit Perlen,
und vor dem Altar eine Lampe mit acht Flammen.
Nestorianer und Katholiken feierten in voller Freiheit
die christlichen Feste (Abb. 158, 159). Der Mongolen-
kaiser hat wiederholt die Missionare in Audienz emp-
fangen und von ihnen Geschenke europäischen Kunst-
. fleißes entgegengenommen. Damals kam auch Marco
Ahh a u Se Polo (1261) an den Mongolenhof, dessen berühmte
Inschrift in chinesischen Zeichen Reisebeschreibung der alten Welt ein lebendiges
re sin Blabanf Bild von der Macht und dem Glanz des chinesischen
a ern let a Kaiserreiches gab.
Im Anfang des 14.Jahrhunderts errichtete Papst
Clemens V. in Peking ein Erzbistum mit vier Weihbischöfen, woraus wir entnehmen
können, daß eine blühende Gemeinde bestanden haben muß. Aber dann waren es
wieder die politischen Wirren der neu entstehenden Minsherrschaft, die alle Er-
folge vernichteten und jegliche Verbindung lösten. Europa vergaß fast, daß China
existierte, und erst am Ende des 16. Jahrhunderts wurde es von. neuem entdeckt.
Ohne überzeugende Beweise erbringen zu können, möchte ich doch auf die
Möglichkeit hinweisen, daß diese kurze Blüte des Katholizismus vielleicht in einem
Punkte eine künstlerische Anregung gegeben hat. Kwanyin war in den Sutras ein
männlicher Gott und wurde in Ostasien stets im indischen Stile der geschlechtslosen
Sottheit dargestellt (S. 170). Aber seit dem 12. Jahrhundert etwa wurde sie zum
typischen Bilde der Göttin geformt. Ihre Verehrung wurde immer beliebter, und
man begann auch, sie mit einem Kindlein auf dem Schoße oder im Arme darzustellen.
Niemals sah ich ein Gemälde von ihr mit dem Kinde, das selten vorkommt,
CUNNOIS,
MENTIONNNE
QUE LA RELIGION
CHRETIENNE
A ETE APPORTEE EN
CHINE L'AN 635
1) Schlegel, Die chinesische Inschrift auf dem uieurischen Denkmal in Kava Bal-
gassun, übersetzt und erläutert. Helsingfors 1896.