Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

   
Vertreibung der Missionare — Judentum — Steintafel von 1489 — Synagoge 199 
und außerdem mündliche Traditionen sind erhalten. In Cochinchina sollen Israeliten 
lange Zeit vor Christi Geburt ansässig gewesen und von dort nach China eingewandert 
sein. Die Inschrift der gleich zu erwähnenden Tafel von Kaifangfu vom Jahre 1512 
besagt, daß Juden zuerst unter dem Kaiser Mingti in der Hanzeit (58—75 n. Chr.) 
vom Westen nach China gekommen sind, und es ist daher wohl möglich, daß, wie 
andere Chinesen annehmen, „im Jahre 73 — mithin drei Jahre nach der Zerstörung 
Jerusalems durch Kaiser Titus — mehrere jüdische Familien über Persien durch 
Khorassan und Samarkand nach China einwanderten und sich ansiedelten.“ Doch 
alle diese Angaben sind höchst zweifelhaft. 
Die ersten glaubwürdigen Nachrichten haben wir aus dem Anfang der Tang- 
zeit. Damals sollen mehrere Synagogen in Tshangyan in der Provinz Shansi gestanden 
haben, und in chinesischen Geschichtswerken wird aus dieser Zeit die Ernennung 
eines Beamten erwähnt, der die Gerichtsbarkeit über die Juden ausübte und ihre 
Gemeindeangelegenheiten vertrat. Arabische Reisende aus dem Ende des 9. Jahr- 
hunderts berichten von einer Anzahl jüdischer Gemeinden, und daß 877 bei der Er- 
stürmung Kantons durch die Rebellen auch zahlreiche Juden umgekommen 
sind. Nach einer Inschrift zu Kaifangfu vom Jahre 1489 sollen jüdische Familien 
in der Sungzeit nach China von Indien gekommen sein und zum ersten Male 
Geschenke an den Kaiserhof überreicht haben. Marco Polo!) erwähnt nur einmal 
die Juden, und zwar traf er 1286 einige in der Mongolei nach der Besiegung des 
Mongolenfürsten Nayan durch seinen Vetter Kublai Khan. 
Der Araber Ibn Batuta kam (1345) nach Hangtshou in der Provinz Tshekiang, 
wo er ebenfalls eine jüdische Gemeinde mit mehreren Bethäusern vorfand. 
Die wichtigsten Nachrichten sind auf einer Steintafelzu Kaifangfu eingegraben, 
die heute einsam zwischen Trümmern steht. Sie ist in chinesischer Sitte senkrecht 
stehend auf dem Rücken einer großen Schildkröte als Symbol der Ewigkeit errichtet. 
Ihre Inschrift von 1489 besagt, daß 70 jüdische Familien, die Baumwollzeuge 
als Tribut aus dem Westen gebracht hatten, sich auf Befehl des Kaisers in Kai- 
fangfu niedergelassen haben. Ein Datum ist nicht angegeben. Auf Kosten der Re- 
gierung wurde 1163 eine Synagoge zu bauen begonnen und 1279 vergrößert. 1390 
verlieh der Kaiser Taitzu, der Begründer der Mingdynastie, besondere Privilegien. 
1421 wurde die Synagoge von einem vom Kaiser sehr geschätzten Mediziner repa- 
riert und nach ihrer Zerstörung (1461) durch das Übertreten des Gelben Flusses von 
neuem und in erweitertem Umfange aufgebaut. Neue Schriftrollen und die innere 
Einrichtung wurden von Juden, die das Examen gemacht hatten, geschenkt. 
Verschiedene Holztafeln mit Inschriften waren im Innern des Gotteshauses 
aufgehängt. Eine war 1421 beim Neubau vom Kaiser Yunglo verehrt. Eine andere 
von 1512 gab einen Abriß der Religionsansichten, von denen für uns folgender 
Passus von Interesse ist: ‚Alle diejenigen, welche versuchen, Gott mittels Bilder oder 
sonstiger Nachbildung darzustellen, beschäftigen sich vergeblich mit leeren Formen.‘ 
Eine dritte Tafel von 1663 erzählt von der Zerstörung des Tempels in der 
Mandschurevolution und dem Neubau im Jahre 1653. Nur eine Betrolle wurde 
damals gerettet und dann zwölf Abschriften auf Pergamentleder hergestellt. 
Wiederholt haben Missionare Kaifangfu besucht, und 1721 hat der Mönch Do- 
mengo genaue Pläne und Beschreibungen der Synagoge gemacht (Abb. 160). Vier 
Gebäude mit der Front nach Westen, nach Jerusalem hin, wurden durch Höfe ge- 
trennt. Im ersten Hof stand eine Ehrenpforte in chinesischer Art mit dem Namen 
Gottes und das Badhaus. Es folgten Aufsehergebäude im zweiten und Kapellen für 
Wohltäter im dritten Hofe, im vierten stand die eigentliche Synagoge im chine- 
sischen Hallenstil, von Säulen in doppelter Reihe umgeben, und ein ehernes Weih- 
1) Yule, The book of Ser Marco Polo, 2. Ausgabe, London 1903, Bd. I, 8. 343. 
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
	        
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