Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

  
IV. Sungzeit (960—1280) 
Nördliche Sungdynastie 960—ı127 (Kaiser Huitsung 1101—ı125) 
Südliche Sungdynastie 1127—ı280 
Allgemeines 
Wie die Religion, die Literatur, die Regierungsform, die Schriftsprache und 
die Weltanschauung seit den Tagen der Hanzeit immer die gleiche und einheitliche 
für das ganze Reich geblieben sind, so erscheint die Kunst der letzten tausend Jahre 
als eine Weiterbildung der in der Tangzeit geformten Gestalt. Es fehlen jene um- 
wälzenden Veränderungen, die in Europa die verschiedenen Staatenbildungen, Re- 
ligionsformen und Regierungssysteme und nicht zuletzt die Entwicklung der Wissen- 
schaft gezeitigt haben. Die wirtschaftlichen und geistigen Strömungen in China 
haben die Ausführungsart und’die Vorliebe für gewisse Sujets beeinflußt; bald herrscht 
die aufbauende Linienzeichnung vor, bald die verschwimmende Tönung, bald werden 
stimmungsvolle Landschaften, bald erzählende Genrebilder bevorzugt, aber immer 
ist es die gleiche Weltanschauung, die die Kunstwerke beherrscht. 
Diese Kunst, durch den Geist der einheimischen Prosa und Dichtkunst, durch das 
Studium der Geschichte und Philosophie im Laufe der Zeit immer mehr bereichert 
und immer stärker beeinflußt, entwickelte sich aus eigener Kraft zu jener Vollendung, 
die in der Sungzeit einen HöhepunktderW eltkuns t bedeutet. Die national- a 
sische Kunst der Sungzeit war es, die für die Malereien Japans, besonders in der 
Blütezeit des 15. und % Jahrhunderts, als ideales Vorbild galt — ähnlich wie die 
italienische Renaissance für Deutschland —, die nach Persien und Indien gelangte, 
von wo aus Rembrandt sie kennen lernte, !) und die auch direkt zu den großen 
1) Sr gibt Abbildungen von indischen Originalarbeiten aus der Mogulzeit und 
daneben von Tuschseichnangen von Rembrandt, die deutlich die Benutzung Br fremd- 
ländischen Vorbildes zeigen. Jahrbuch der K. Preußischen Kunstsammlungen, Berlin 1904. 
— Havell, Indian seulpture and painting, London 1908, S. 203 erwähnt weitere Tusch- 
zeichnungen von Rembrandt, die nach Mesundi ausgeführt sind. Im British 
Museum ist eine Zeichnung nach einer Mogulminiatur im Ethnographischen Museum 
zu Berlin „Akbar (oder Jehangir) auf dem Thron“ und eine Malerei nach einer indischen 
Malerei Indischer Prinz zu Pferde“. Im Louvre ist eine Studie „Timur auf dem Thron“, 
welche ebenfalls in freier Übertragung eine Miniaturmalerei in Berlin als Vorbild er- 
kennen läßt. Wenn aber Havell in seinem schön ausgestatteten Buche, das zum ersten- 
mal in ausgewählten Werken die Kunst Indiens zeigt, so weit geht, daß er in den 
indischen Arbeiten des 17. Jahrhunderts eine rein nationale Fortsetzung der Kunst aus 
den Tempelmalereien des 5. Jahrhunderts erblickt, so scheint er zu übersehen, daß 
diese Tempelkunst mit ihrer strengen antiken Linienführung eine eigene Schule der 
Kultbilder in Indien und China geblieben ist, und daß die tonige ee nach 
unserer bisherigen Kenntnis zuerst und ausschließlich in China in der ’ lang- und Sungzeit 
nachzuweisen ist, während sie wahrscheinlich unter dem Einfluß chinesischer Kultur 
erst im 15. Jahrhundert in Indien und im 18. Jahrhundert in Persien aufkam. 
    
  
   
   
   
  
     
  
  
  
  
  
  
   
    
   
  
     
    
    
   
    
    
  
  
     
   
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.