214 Sungzeit (960 —1250)
mehr bunten Farben bewirkt. Jedenfalls sind oerade die ältesten Bilder häufig am
meisten verdorben. In China hat sich — wie bei uns — eine Kunst der Restauration
entwickelt, die oft ganz Hervorragendes leistet und in solchen Fällen den Kunst-
wert der Bilder nicht schädigt. Die wundervolle Ausbesserung des Gemäldes von
Ku Kaichih hatte ich schon erwähnt (8. 120); hier sehen wir die abgeblätterten
Stellen, die als Löcher störend wirken würden, mit feinen Tönen überdeckt, so daß
zwar die restaurierte Stelle zu erkennen ist, aber der Gesamteindruck nicht leidet.
Die Darstellung der 16 — später 18 — Schüler 3uddhas, der Arhats
(chinesisch: Lohan, japanisch: Rakan), soll zum ersten Male in der Tangzeit im
7. Jahrhundert erfolet sein, aber populär wurde sie wahrscheinlich erst, nachdem
die Sutra Fachuchi zwischen 832—912 ins Chinesische übersetzt war. Im 10. Jahr-
hundert erfand der Priester Chihui ihre Gestalt in Holz geschnitzt, und Chichiang
schuf Kopien, die die Originale bei weitem an Schönheit übertrafen, und vor
allem in der Darstellung des einzelnen sich der Beschreibung in den Sutras besser
anpaßten. Als die Zensekte mit ihren Tendenzen immer stärkeren Einfluß errang,
wurden die Bilder der Heiligen als Vorbild für die Lebenden zahlreich verbreitet;
besonders in Japan wurden sie sehr beliebt und daher in großer Menge in
Originalen und Kopien aus China eingeführt. Die Darstellung der Arhats war
nicht an eine feststehende Tradition gebunden, sondern für die Stellung, die Tracht
und die Attribute herrschte weitgehende Freiheit, und daher fand eine große
Mannigfaltigkeit in der Ausführung statt. Es ist schwierig, oft unmöglich, den
einzelnen Arhat mit Sicherheit zu bestimmen, um so mehr, da der Chinese kein
Porträt des Menschen, sondern eine Idealfigur seiner Weltanschauung geben wollte.
Geistreich und großzügig ist die Komposition einiger Bilder, auf denen Gruppen
von Arhats sich um Buddha oder Kwanyin scharen. Die Abbildungen (Abb. 162)
zeigen drei Kakemonos aus einer Serie von 44 ähnlichen Darstellungen, !) die sich
jetzt im Boston-Museum befinden und einst dem Daitokujitempel in Kyoto gehört
haben. Nach der Überlieferung sollen sie 1249 von einem chinesischen Zenpriester
nach Japan gebracht sein, als dort die ersten Zentempel entstanden. Damals sollen
die Bilder im Kenchojitempel zu Kamakura bewahrt worden und 1590 nach Kyoto
gebracht sein. Der Verkauf nach Amerika hat mit Erlaubnis der japanischen Re-
gierung stattgefunden, so daß die Echtheit der Originale wenigstens aus der Zeit
von 1590 verbürgt ist; allerdings steht nicht fest, ob es die wirklichen Bilder von
1249 oder Kopien sind. Fenollosa erwähnt bereits die Möglichkeit, daß einige
Bilder aus der Mingzeit hinzugefügt sind. Soweit die Photographien ein Urteil
erlauben, möchte ich glauben, daß die Ausführung unserer drei Bilder erst in der
Mingzeit bewirkt ist. Der schwer wirkende Hintergrund, die harten Wolken-
konturen, die kleinliche Ausführung und starke Linienbetonung bei den Gewändern
läßt die spätere Herstellung erkennen. Aber die Komposition in ihrer reichen Abwechs-
lung, die Charakterisierung der Köpfe, die Bewegung der Gruppen zeigt eine Meister-
hand aus der Blütezeit, so daß wohl Originale aus der Schule von Li Longmien die
Vorbilder gewesen sein können. Vielleicht sind die Originale von 1249 noch in Japan
oder vernichtet, und die erhaltenen Bilder sind Kopien des 16. Jahrhunderts.
Zwei prächtige Arhats, die ebenfalls Li Longmien zugeschrieben werden, be-
finden sich in der Sammlung Freer in Detroit.2) Die Ausführung, besonders in den
Gesichtern, ist vortrefllich und zeigt durchaus den besten Stil der Sungzeit.
1) Fenollosa, A special exhibition of ancient Chinese Buddhist paintings, lent by
the Temple Daitokuji of Kioto, Japan. Catalogue, Boston, Museum of fine art, 1894. Ab-
bildung von Nr. 162 rechts. ;
2) Abbildungen: Arhat in Höhle in Fenollosa, "The collection of Mr. Charles
L. Freer, Pacific Era, Detroit. November -Heft 1907 — Arhat mit Löwe in Binyon,
Painting in the far East, Tafel zu S. 108.