218 Sungzeit (960—1280)
neben dem Namen Li Longmien angibt, während sich Li erst 1100 den Beinamen
Longmien gab. Siegel und Inschriften auf alten Bildern pflegen meist spätere Zu-
taten zu sein und sind in keinem Falle ein Beweis für die Echtheit, eher wie in diesem
Falle der Beweis der Fälschung. Aber dieses Beweises hätte es gar nicht bedurft,
denn eine oberflächliche Prüfung der Ausführung läßt sofort die Kopistenhand er-
kennen.
Der geniale Geist, der diese lustigen Gestalten erfand und die reiche Kom-
position ausführte, hätte niemals in so dünnfädigen, kraftlosen Strichen gemalt, in
so langweilig monotoner Art gleichmäßig das Wichtige und das Unwichtige betont,
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Abb. 166 Dämonen als Pflanzengestalten
(s. Abb. 163)
und in so mangelhafter Zeichnung die Gesichter, Füße und Hände wieder-
gegeben. Was im Original als abgestufte Wirkung mit zarten Farben oder ın
getönter Tusche und vor allem mit lebendigem Strich gemalt sein wird, hat der
handwerksmäßige Kopist durch gleichmäßig dünne Linien konturiert, ohne daß
er die Fähigkeit besaß, durch die Strichart die farbige Wirkung wiederzugeben.
Es fehlt jede Tiefe, jede Akzentuierung, alles klebt aufeinander, ohne sich zu
lösen — kurz, jede künstlerische Durchbildung geht diesen Bildern ab. Eine
Kopie von Künstlerhand hätte wenigstens kraftvoll das Wesentliche heraus-
gehoben. Haben wir somit kein Original und auch keine gute Kopie, die
einen Begriff von den malerischen Qualitäten geben kann, so können wir
doch glücklich sein, wenigstens die geschickte Komposition und die reiche
Erfindungskraft des Meisters aus den erhaltenen Handwerkerarbeiten ahnen zu
dürfen.