V. Mongolen- (Yuan-) Zeit (1280-1368)
Die überfeinerte Kultur der ästhetischen Sungzeit erlag dem kräftigen Ansturm
der aus dem großen Völkerreservoir Nordasiens vordringenden Mongolenhorden.
Seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts hatten diese kühnen Barbaren kleine Grenz-
staaten erobert und dann Plünderungen in den westlichen Ländern ausgeführt. Die
zentralasiatischen Staaten wurden unterworfen und ein Einfall nach Indien geplant,
der später unterblieb (1224). Dagegen wurde Persien verwüstet und der große Er-
oberungszug (1237) unternommen, der durch ganz Rußland bis in das Herz Europas
führte und erst in der Schlacht bei Liegnitz (1241) seinen Abschluß fand.
Die Sungdynastie hatte ihre Herrschaft (seit 1127) nur im Süden mit der Haupt-
stadt Nanking bewahren können, während im Norden ein Tatarenstamm, die
Mandschu, unter der Kin-Dynastie weite Teile des Reiches in Besitz genommen
hatte. Ein selbständiger Tangutenstaat hatte sich außerdem am oberen Lauf des
Hoangho gebildet. Die Mongolen begannen ihren Siegeszug auch nach dem Osten
auszudehnen, eroberten (1227) das Tangutenreich und bedrängten den chinesischen
Kaiser. Vorübergehend kam ein Bündnis zustande, um gemeinsam die mandschu-
tische Herrschaft im Norden (1234) zu vernichten, aber dann behielten die Mongolen
die eroberten Länder und trieben den Sungherrscher immer mehr nach Süden.
Das Bestreben von Kublai Khan, der 1259 den Thron der Mongolen geerbt hatte,
galt der gänzlichen Vernichtung der Sungdynastie, um selbst Kaiser von China
zu werden. 1271 nahm er für seine Familie den chinesischen Namen Yuan an.
Seine langjährigen Kriege führten ihn nach dem Süden bis nach Birma, Kam-
bodscha und Annam. Als der letzte Sungkaiser (1279) seinem Leben selbst ein
Ende gemacht hatte, erklärte Kublai Khan sich zum chinesischen Kaiser in der
neuen Hauptstadt Peking.
Wieder war eine kräftige Zentralgewalt geschaffen und wieder ein reger Ver-
kehr mit den westlichen Völkern im Gange. Aber ein halbzivilisierter Barbarenstamm
übte die Herrschaft aus, und im Westen waren keine hochstehenden Kulturreiche,
die neue künstlerische Ideale nach dem Osten verpflanzen konnten. In dem losen
Gefüge der asiatischen Völker waren die Chinesen die kulturell weitaus am höchsten
stehende Rasse. Sie gaben, aber empfingen nicht.
Schon im 8. Jahrhundert waren chinesische Handwerker nach dem Westen
berufen (S.176) und hatten Tempel ausgemalt. Aber erst unter den Mongolen scheint:
die Technik chinesischer Malerei, sowie die Ornamentik, z.B. das Wolkenband,
nach Persien?) verpflanzt und zu einer nationalen Lokalkunst ausgestaltet zu sein.
Es ist fraglich und durchaus unwahrscheinlich, daß von dort irgend eine Beeinflussung
stattgefunden hat. Die elegante Ausführung von einzelnen chinesischen Porträts
(Taf. IX, B) erinnert allerdings an spätere persische Miniaturmalereien, aber es fehlen
Malereien Persiens aus der Zeit zwischen den Sassaniden und der Mongolenherrschaft
zum Vergleich, um feststellen zu können, ob diese vielleicht nur scheinbare Eigenart.
1!) Sarre, Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen, 1904.