Geschichte — Marco Polo — Welthandel — Malerei 257
bürtig. Im allgemeinen wird die erzählende Farbe und Linie mehr als vorher be-
achtet und in sorgfältigerer Technik ausgeführt, aber der tiefe philosophische und
poetische Geist tritt zurück. Statt den Ausdruck der Seele zu suchen, wurde die
Schönheit der äußerlichen Form angestrebt. Die philosophischen Spekulationen
und poetischen Stimmungen wurden nicht ganz aufgegeben, aber durch mystische
Züge und sachliche Schilderungen umgestaltet.
Die kurze Mongolenherrschaft (1280—1368) bedeutet eine Übergangszeit
in der Kunstgeschichte Chinas. Während viele Bilder von denen der Sungzeit kaum
zu unterscheiden sind, bereitet sich gleichzeitig jener dekorative Rokokostil vor,
der in der zweiten Periode der Mingzeit seine Vollendung erhielt.
z *
”
Vierhundert Künstlernamen sind aus der Yuanzeit überliefert ‚ aber kein
Meister von der Bedeutung eines Wu Taotze oder Wang Wei, eines Li Longmien,
Ma Yuan oder Muchi wird gerühmt.
Chao Mengfu (japanisch: Chosugo), der von 1254—1322 lebte, stammte
von einer Seitenlinie des Sung-Herrscherhauses ab und war Beamter. Bei dem
Siege der Mongolen zog er sich ins Privatleben zurück, aber trat 1286 wieder
in die Staatsdienste unter der neuen Dynastie ein und wurde schließlich auf
einen hohen Posten der Hanli-Universität (1316) berufen. Kein Bild von ihm
ist bisher aus japanischem Besitz bekannt geworden, nur eine japanische Kopie ist
im British Museum,!) ‚Die Pferde in der Schwemme während des Putzens durch
Pferdeknechte“. Über dem seichten Bach hängen Weidenzweige. Die etwas ge-
leckte und zierliche Ausführung kann vielleicht der Stil des japanischen Kopisten
sein, so daß kein Rückschluß auf die Originalarbeit erlaubt ist.
Dagegen ist ein signiertes Original im British Museum zu London vorhanden,
das wir bereits als Kopie nach Wang Wei (Abb. 146) kennen gelernt haben. Es ist
vielleicht nicht ein charakteristisches Werk für ihn, denn diese Kopie hätte schwer-
lich Chao zu dem gefeierten Künstler erhoben, es ist aber eine sehr gute Arbeit, und
die Auswahl des Sujets, das Zurückgreifen auf Wang Wei statt auf die späteren Dung-
künstler, die Wahl einer Bildrolle statt abgepaßter Bilder erscheint mir als ein Zeichen
der Zeit. Statt der impressionistischen Tuschskizze ist die erzählende Art der vieler-
lei Einzelheiten in bunten Farben gar zierlich nebeneinander gemalt. Die Berge
und der Baumschlag sind in feinen Linien ausgeführt, aber es fehlt jene kecke Pinsel-
führung, die die Sungkünstler meisterten.
In Japan wird unter den Malern der Mongolenzeit Yen Hui (1279—1367) am
höchsten geschätzt, während chinesische Kritiker ihm zwar eine gewisse Anerkennung
nicht versagen, aber seiner Kunst für buddhistische und taoistische Figuren in den
Annalen nur eine Zeile widmen. Yen Hui stammte aus der Provinz Chekiang, aus der
auch Hsia Kuei und viele andere Künstler, deren Namen in China gar nicht oder nur
oberflächlich bekannt sind, gebürtig waren. In Japan werden viele Bilder gerade
von den Chekiang-Künstlern in den Schatzhäusern bewahrt und geschätzt. Auf der
anderen Seite sind die in China berühmtesten Meister gar nicht oder nur in fraglichen
Kopien vertreten. Giles weist bereits darauf hin, daß die Provinz Chekiang mit ihrem
damals sehr bedeutenden Handelshafen Ningpo, der heute durch Shanghai völlig in
den Schatten gestellt ist, in regelmäßigem Verkehr mit Japan stand. Dorthin gingen
viele japanische Priester, um die heiligen Lehren zu studieren, dort landeten Händler,
!) Abbildung in Giles, Tafel zu S. 136. — Nach Binyon, soll in der Sammlung
von (eorge Veith, London, eine Repetition eines anderen Bildes von Chao Mengfu, „Acht
Pferde im Parke von Kublai Khan“ sich befinden. Ferner sollen einige Kopien im
Louvre sein.
Münsterberg, Chinesische Kunstgeschichte
Ir