294 Minezeit — Periode 1368—1500
Wolkenballen, aus dem Bambusstauden herausschimmern. Liu malte mit Vorliebe in
Schwarzweiß und pflegte die gute Tradition der Sungzeit. Aber wie eigenartig ist seine
Ausführung! Das Gefieder ist in einzelne Federn aufgelöst, die in manierierter Art,
aber voller Kraft und Leben flott hingestrichen sind. Die Wolken haben keine Tiefe
und keine Lufttönung, sondern sie sind nur eine helle Fläche zur besseren Wirkung
des schwarzen Vordergrundes. Der Mond lebt nicht in der Landschaft, sondern ist
wie ein Symbol in die Ecke geschoben. Die alten Mittel und Techniken sind beibe-
halten, aber freier und ornamentaler verwendet.
Abb.258 Kraniche auf der Erde und über Wasser, im Shokokujitempel, Kyoto, Japan, vom Priester
Zekkai 1377 nach Japan gebracht, von Wencheng, 14. Jahrh.
(Aus: Bijutsu Gaho, Bd. III, auch bei Tajima, Seleeted relies of Japanese art, Bd. X)
Eine feinere Pinselführung zeigen die Kraniche von Wang Chao (Abb. 257).
Das Motiv der Kraniche ist ein alter Liebling der chinesischen Maler. Wenn wir
das Bild von Muchi (Abb. 182) mit diesem vergleichen, so finden wir wieder die
gleichen Abweichungen, die den Sungstil vom frühen Mingstil unterscheiden, be-
sonders die individuelle Zufälligkeitsbewegung und die dekorative Anordnung der
Pflanzen und Baumäste. Auf zwei Kranichbildern von Wencheng (Abb. 258) sehen
wir die einzelnen Federn in konventioneller Weise und die Kontur in elegantem Linien-
schwunge durchgeführt. Diese Art erinnert an die späte Yuanzeit (Taf. XII), und
das Bild dürfte daher früher als die vorhergehenden gemalt sein; erst die spätere