Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

       
   
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
    
32 Bronze-Eisenzeit 
Da in China nur Kriege der Fürsten untereinander oder gegen noch schlechter 
ausgerüstete Steppenvölker geführt wurden, so genügten die Lanzen- und Pfeilspitzen, 
sowie die Dolche aus Bronze, und die kriegerische Notwendigkeit, das teurere 
Material zu verwenden, war nicht vorhanden. Die mangelhafte Bewafinung der 
barbarischen Nachbarvölker verlangte während Jahrtausenden keine Verbesse- 
rungen in den Schutz- und Angrifiswaflen, so daß die Einführung des Eisens 
keinen wesentlichen Einfluß ausüben konnte. Die Barbarenvölker haben noch 
lange Zeit später ausschließlich Bronzewaffen verwendet. Dazu kam, daß die Ent- 
scheidung meist durch die Überlegenheit an Menschenzahl herbeigeführt wurde 
und nicht durch die Tapferkeit der einzelnen Krieger. 
Höherstehende Kulturvölker waren nicht unmittelbare Nachbarn, und der 
Verkehr mit den Fernwohnenden konnte sich nur auf den Austausch einzelner 
Gebrauchsartikel in einem friedlichen Handel beschränken und keine umwälzenden 
Neuerungen herbeiführen. Dazu kam, daß Bronze besonders nach Eroberung der 
Manstaaten zunächst reichlich vorhanden war. Auf die Kunst scheint das Eisen 
auch in der späteren Zeit gar keinen Einfluß ausgeübt zu haben. Bronze blieb 
immer das begehrte Material. Alle Opfergefäße, Glocken, Spiegel und sonstige 
kunstvolle Metallarbeiten sind ausschließlich in Bronze hergestellt. 
Von dem herrlichen Aufblühen griechischer Kultur, von dem Zuge Alexanders 
des Großen, vondem Übergang zum massiven Steinbau, von der phantasievollen Ge- 
staltung der Götter des Olymps, von ihrer Darstellung in Menschengestalt, von dem 
Ersatz der Bronze durch Marmorbildwerke dringt damals keine Kunde nach der 
Kulturoase im fernen Osten. Durch ungeheure wüste Gebiete und unübersteig- 
bare Gebirge und vor allem durch einen Kreis kriegsstarker, aber unzivilisierter 
Barbarenvölker bleibt China zunächst von den Kulturen des Westens und Südens 
für Jahrhunderte getrennt. 
In China entsteht, vielleicht aus den gleichen älteren Ansätzen wie in Griechen- 
land, eine Poesie und Geschichtserzählung. Aber die Gedichte beschränken 
sich wie die Bronzegefäße und Ornamente auf wenige immer wiederholte Motive, 
und die Geschichtsbücher sind langweilige Annalen mit Erzählungen von Intrigen 
und Morden am Hof, von blutigen Kämpfen und sinnlosem Hinschlachten der Be- 
siegten. Es fehlt der göttliche Homer, um die Taten der Vorfahren in poetisch 
verklärter Gestalt zu formen. Vielleicht waren auch die Taten selbst daran schuld, 
da niemals der Kampf um stolze Königsburgen galt und niemals ein glänzendes 
Palastleben zu schildern war. Die Bruderkämpfe zwischen den Bauernvölkern 
Chinas und mit den Reitervölkern der Steppe sind sicher sehr viel nüchterner 
gewesen. 
Wie auf den Bronzegefäßen immer dieselben dekorativen Ornamente ange- 
bracht sind, so herrscht in der Poesie eine Vorliebe für stereotype Bilder, welche sich 
immer und immer wiederholen. Und wie bei den überlieferten Formen und Sitten 
ein starres Festhalten, selbst bei den kleinsten Momenten, beobachtet wird, so’ be- 
schreibt auch die Poesie die Äußerlichkeiten und das Nebensächliche mit besonderer 
Vorliebe. Wie die Opfergeräte des Kaisers identifiziert werden mit der kaiserlichen 
Macht, so werden eine Reihe von sachlichen Dingen gleichbedeutend mit der Cha- 
rakterisierung der Menschen verwendet. Es fehlt die Anregung neuer Ideen; der Stil 
der Ausführung ändert sich, aber nur innerhalb der aus der Bronzezeit überlieferten 
Traditionen. So entsteht eine einseitige, pedantische Kultur, die von der Vielseitig- 
keit Europas allmählich weit überflügelt wird. 
Um die Mitte des Jahrtausends als ziemlich gleichzeitig, aber völlig un- 
beeinflußt voneinander, die großen Philosophen in Griechenland und der Religions- 
stifter Buddha in Indien lehrten — erlebte China eine Blüte seiner Philosophie. 
Laotse beschäftigte sich mit übersinnlichen Dingen, und trotz vieler feinsinnigen 
  
 
	        
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