Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

       
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
    
36 Bronze-Eisenzeit 
Alexanderschlacht in Pompeji vom König Darius benutzt, während Alexander 
reitet.!) Der Kampf vom Wagen war die allgemeine Kriegssitte der älteren Welt, 
die von der leichten Reiterei abgelöst wurde. 
Die Auflösung Zentralasiens in verschiedene Staaten hatte für China noch 
eine viel weiter gehende Bedeutung. Die seßhaft gewordenen Völker bildeten die 
Brücke, über welche neue Einflüsse aus dem Westen nach Osten drangen; aller- 
dings war dieser Verkehr nur indirekt durch die Zwischenhand der Zentralstaaten 
vermittelt. Da wir die Kulturen der Mittelvölker selbst nur oberflächlich, oft 
gar nicht kennen, so ist es gewagt, eine Rekonstruktion der verschiedenen Be- 
ziehungen zu versuchen, aber wenn wir auch die Quellen des neuen Kulturstromes 
nicht entdecken können, so sind wir doch in der Lage, seine Wirkungen festzulegen. 
Im wesentlichen können wir den Einfluß eines nördlichen — sibirisch-skythischen — 
und eines westlichen — mittelasiatischen — Mischstils unterscheiden. Da der letztere 
zwar im 4. Jahrhundert beginnt, aber seinen Haupteinfluß erst in der folgenden 
Zeit ausübt, so werde ich ihn bei Erörterung der Kunst während der Hanzeit 
im folgenden Abschnitt behandeln. 
Skythischer Einfluß 
Aus der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. sind reiche Schätze in Sibirien und 
Südrußland gefunden, die von einer hohen Kultur der dortigen angesiedelten 
Skythenvölker zeugen. Die Küsten des Schwarzen Meeres bildeten die Korn- 
kammern der Griechen. Reiche Städte entstanden, die griechische Luxusartikel 
gegen die Landesprodukte austauschten. Reiche Gold- und Silberfunde beweisen 
die Blüte dieser Länder im 5. bis 2. Jahrhundert v. Chr. Infolge des Reichtums 
erlangten die Skythen allmählich eine politische Macht. ?) Aus ihrer Heimat Nord- 
asien hatten sie ihre Sitten, Kleider und eigenartigen Kunstformen mitgebracht, 
die teilweise neben dem griechischen Einfluß als Eigenarten erhalten blieben. 
Neben klassischen Arbeiten vollendeter Griechenkunst, mit sehr sorgfältigen 
und naturwahren Darstellungen des Barbarenlebens in der Steppe, sind auch solche 
gefunden, die einen in Europa völlig fremden Stil der Urheimat ihrer Verfertiger 
erkennen lassen und mit chinesischen Formen Ähnlichkeiten aufweisen. In den 
Hosen und kurzen Röcken erkennen wir die Tracht jener Reitervölker wieder, die 
der König Wuling angenommen hatte. Der starke, gebogene, kleine Reiterbogen 
im breiten Futteral, das den halben Bogen bedeckt, ist dem mongolisch-chinesischen 
nahe verwandt. Eine eigenartige Vorliebe für die Verzierung mit Tierköpfen er- 
innert an die frühe chinesische Bronzezeit, wo wir ein Messer in ähnlicher Art 
kennen gelernt haben (Abb. 13,2). Andererseits war der mykenische Grabhügel, 
der bei skythischen Königsgräbern in gewaltigen Dimensionen wie in China und 
Japan ausgeführt wurde, in der griechischen Kultur Südrußlands ein Fremdling 
aus Asien. 
Ganz besonders charakteristisch ist die häufige Darstellung von Hirschen mit 
gewaltigen Geweihen, offenbar die am meisten geschätzte Jagdbeute. In der plasti- 
schen Darstellung wird das Geweih auf dem Rücken des liegenden Tieres langgelest, 
wodurch die kurzen Haken nach vorn wegstehen (Abb.14). In anderen Dar- 
1) Abbildung beider Wagen vgl. Münsterberg, Kunst und Kunsthandwerk. Wien, 
IX. Jahrg. 1908, Heft 1, S. 307, Abb. 10, und Münsterberg, Influences oceidentales dans 
Yart de !’Extr&me-Orient, Revue. des Etudes Ethnographiques et Sociologiques, 1909. 
2) Reinach, Kondakof und Tolstoi, Antiquites de la Russie möridionale, Paris 1892. 
— Russische Ausgabe: Kondakof und Tolstoi, Ruskia drevuosti. — Heikel, Antiquits 
de la Sibörie oceidentale, conservees dans les musses de Tomsk, de Tobolsk, de Tiumen, 
d’Ekaterinebourg, de Moscou et d’Helsingfors, Helsingfors 1894. 
  
  
 
	        
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