Bronze — Messer — Drache — Dolch 39
Die Frage, wann zuerst der Drache in China dargestellt wurde, ist noch
nicht möglich zu beantworten. Vielleicht werden weitere Ausgrabungen besseres
Material geben. Jedenfalls sind verschiedene Vorbilder maßgebend gewesen, die
vom chinesischen Geist im Laufe der Jahrhunderte ineinander verschmolzen
sind. Daher kommt es auch, daß es ganz verschiedene Darstellungen gibt
und daß gewisse Autfassungen
für bestimmte Techniken be-
vorzugt werden. An Hand des
vorliegenden Materials können
wir feststellen, daß in vorbud-
dhistischer Zeit der Drachen-
kopf sowie der gekriimmte Vier-
füßler und Reptilienleib mit
Drachenkopf häufig verwendet
wird. Wenn auch die Her-
stellungszeiten für die einzelnen
Fundstücke schwer festzustellen
sind, so dürfen wir ein ge-
ae älteres Vorbi ld in Abb. 22 Aufsteigendes „Drachen“paar, stilisierte Steinböcke, mit
der Formung für die Verzierung Pflanzenornament in der Mitte, Goldblech getrieben, skythisch,
des Brunnengefäßes (Abb) nor und Toisto) Autiquitds de Ia Russie
sowie für den Griff. der Koch- m£ridionale, Paris 1892)
töpfe (Abb. 63) annehmen.
Ein in der späteren chinesischen Kunst sehr beliebtes Motiv sind zwei
gegenüberstehende, sich aufbäumende Drachen, die in ihren aufgesperrten
Mäulern ein Glückssymbol, meist eine Kugel, halten. Viereckige Platten (Abb. 22)
mit dem ganz gleichen Motiv finden wir bereits bei den Skythen.!) Auf den ersten
Blick erscheint die Arbeit, besonders
in der Tierstilisierung, chinesisch, aber
bei genauerer Betrachtung finden wir
doch Unterschiede. Die Ausführung
in Gold und die Inkrustierung mit
Emaille war im alten China noch un-
bekannt und weist nach der viel
höher entwickelten Technik im Westen;
ebenso ist die Ornamentik dem alten
China fremd, denn an Stelle des
Glückssymbols sind emporwachsende
Pfanzenornamente verwendet, die
Am 2,2 Schrertite qus Kuper, verglde, _ sicher in mißverstandener Stilisierung
hundert. «a aufsteigende „Drachen*paare mit Kugel eine Erinnerung an den Lebensbaum
im Maul; d Raubvogelkopf mit stilisiertem Schopf . .
und Kugel im Schnabel der alten assyrisch-persischen Kunst
(Sach Shakaruroku, aus Joh, Inroßnefim A Töinie darstellen. sollen. Die ganz ähnlichen
naise de Paris, März 1909) Formen (Abb. 23 und 24), die wir an
Schwertgriffen in den Dolmen Japans
finden, zeigen, wie dieses Motiv vom Schwarzen Meer bis zu den Inseln Japans
verbreitet war.
Die Skythen trugen am Gürtel einen geraden, spitz zulaufenden langen Dolch,
dessen Scheide einen auffallend breiten Ansatz am oberen Ende hatte. Diese Form
1) Reinach, Kondakof und Tolstoi, Antiquites de la Russie m6ridionale, Paris 1892,
Fig. 346, 347.