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aber von einem anderen Volksstamm, den Hiungnu, den Stammesgenossen der
Hunnen, im 2. Jahrhundert v. Chr. aus den eroberten Gebieten Mittelasiens ver-
trieben. So kam es, daß die Hiungnu Nachbarn des chinesischen Reiches wurden.
Nach den hmesischen Quellen !) nahmen die Chinesen (176 v. Chr.) durch einen
Brief des Hiungnufürsten Moduk zum ersten Male Fühlung mit diesen westlichen
Völkern.
Das Vordringen immer neuer jugendkräftiger Stämme aus den Steppen des
Nordens, von wo auch die Skythen Südrußlands ausgewandert waren, nach den
fruchtbaren Weideplätzen des Südens brachte eine Verschiebung der vorher ansässigen
Völker mit sich, die bis nach Indien auswichen und dort Staaten bildeten. Anderer-
seits veranlaßte es Bündnisse, wie z. B. zwischen den bedrängten blonden Wusum-
völkern des Westens mit China gegen die Hiungnu und dadurch wiederum erweiterte
Beziehungen, aus denen sich ein reger Handelsverkehr entwickelte. Diese sehr kom-
plizierten Verhältnisse ergaben — nach Franke — gegen Mitte des zweiten Jahr-
hunderts vor Christus folgendes Bild: ‚In Kaschmir und am oberen Indusland
herrschen die mit türkischen Elementen durchsetzten Sakavölker (europäische
Nomaden), nördlich davon die Yuechi (Indoskythen — Mongolen) und westlich
das indoparthische Reich der Sakastämme, die von Norden aus dem alten
Partherlande eingedrungen waren. Die durch griechische Kultur verfeinerte Be-
völkerung in diesen von den skythisch-türkischen Stämmen besetzten Gebieten
war, nach chinesischen Chronisten, Handel treibend.. Es waren eifrige Kauf-
leute, die in den Städten saßen; sie hatten weit ausgedehnte Verbindungen nach
anderen Ländern und mögen die Gelegenheit gern ergriffen haben, Beziehungen
zu dem an Handelsprodukten reichen China anzuknüpfen.“
Die chinesischen Annalen berichten von dieser Zeit ab fortlaufend von ‚Tribut-
gesandtschaften‘“ der Barbarenvölker, aber in Wirklichkeit waren es meistens Kara-
wanen mit Geschenken, um die Erlaubnis zum Handeln zu erhalten; von einer poli-
tischen Unterwerfung war keine Rede. Ein alter chinesischer Bericht sagt bereits —
nach Frankes Übersetzung —: „Es sind keine dem Fürsten nahestehenden Männer,
die Tribut bringen, sondern Krämer, Leute niederen Standes, die Waren absetzen
und an den Handelsplätzen einkaufen wollen und denen das Tributbringen nur
Vorwand ist.“
Chang Kien (122) wurde von dem Kaiser Wuti (140—86 v. Chr.) ausgesandt,
um eine Studienreise nach den westlichen Ländern Turkistan, Ferghana, Sogdiana,
Baktrien und Parthien zu machen; erst nach zehn Jahren kehrte er wieder. Seine
ausführlichen Berichte förderten einerseits die Handelsbeziehungen mit Mittelasien
zu einem regelmäßigen Tauschverkehr, dem auch Eroberungen weiter Ländereien
foleten, und andererseits wurden neue Dinge und Techniken eingeführt, deren
Wirkung Hirth mit der „Entdeckung Amerikas“ vergleicht.
Hieraus ergibt sich, daß ein direkter Einfluß von Persien oder Griechenland auf
den Osten nicht stattfand, sondern daß nur einzelne Kulturmomente dieser Länder,
bereits in vermischter und umgestalteter Form, durch die China v öllig abschließenden
Völker Mittelasiens nach dem Osten durchdri ingen konnten. Eigene Kulturen haben
diese kurzlebigen, gering zivilisierten Völker Mittelasiens nic :ht erzeugt. Nur scheint
es, daß das No lekten die Pflege und Zucht der Haustiere, besonders der
Pferde und Hunde, wesentlich förderte, denn immer wieder werden Tiere als
Geschenke an den kaiserlichen Hof erwähnt. Immerhin war die Zivilisation
der Zentralasiaten durch den Verkehr mit den die höchste Blüte der Kultur er-
lebenden Ländern am Mittelländischen Meere den vom Weltverkehr abgeschlossenen
!) Franke, Beiträge zur Kenntnis der Türk-V ölker, 1904. — Die wörtlich zitierten
Stellen habe ich in Antihrunesseichen gesetzt.