Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

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Mittelasiatischer Mischstil 
Einen ungefähren Begriff der Höhe der damaligen Kunst können wir uns aus 
den Steinreliefs!) bilden, die der Zufall im 18. Jahrhundert hat finden lassen. Einige 
Steine stammen vielleicht aus dem 1. Jahrhundert ?2) und die meisten vom Grabmal 
der Familie Wu aus dem Jahre 147 n. Chr.; beide Fundorte liegen in der Provinz 
Shantung. Ihre Ausführung entspricht sicher einer lange geübten und in größerem 
Umfange angewendeten Kunst. Die ersteren sind vertieft graviert, während auf 
den letzteren die Figuren etwa 2 mm hervorstehen. 
Hier finden wir zum ersten Male Menschen und Tiere in flachem Relief 
gemeißelt. Schilderungen aus dem Leben des Hofes (Abb. 25): der feierliche Aufzug 
der Großen, der Transport Gefangener zu dem in der Halle sitzenden König, Reiter 
auf galoppierenden Pferden, Bogenschützen im zweiräderigen Ochsenkarren und da- 
hinter Jäger mit Hunden. Auf einem anderen Bilde wogt ein Kampf um die 
Brücke (Abb. 26), alles ist in größter Lebendigkeit und trotz der kleinen und durch 
das Material unbequemen Ausführung höchst naturwahr geschildert. 
Wir sehen die Bauart der zweistöckigen Halle und der Brücke, die Trachten 
mit dem langen Staatsgewand und Kopfbedeckungen; bei den Kriegern den kurzen 
Rock mit Hosen nach barbarischem Vorbilde, bei den Jägern den noch kürzeren Rock, 
die Bewaffnung mit dem gebuckelten und gebuchteten, viereckigen Schild, das gerade, 
lange, offenbar eiserne Schwert mit langem Faustriemen, die kleinen Kriegswagen 
mit hohen Rädern und Verdeck, die Bespannung mit Pferden an hoch gebogener 
Deichsel, den altmodischen Kastenwagen für die Bogenschützen. Daneben wird 
auch (Abb. 27) der Fleischer bei seinem Gewerbe dargestellt, wie er einen Ochsen 
zerlegen will und ein Kalb mit dem Stocke schlägt; dazwischen Geflügel und ein ein- 
facher Ziehbrunnen — kurz, ein Bild des damaligen Hof- und Kriegslebens. Auf 
einem Stein (Abb. 28) werden wir sogar in den Himmel eingeführt, aus dem gebuch- 
teten Wolkenornament der Bronzezeit (Abb. 8) ist ein Wolkenband geworden, dessen 
einzelne Wogen von fliegenden Menschenkörpern und Vögelköpfen belebt sind, und 
darunter thront der Gott des Siebengestirns und empfängt opferbringende Gläubige. | 
Die Ausführung zeigt die Hand eines geübten Künstlers. Allerdings geben 
uns die Abbildungen nach Abklatschen von dem geschwärzten Stein nur ein un- 
1) Ed. Chavannes, La sculpture sur pierre en Chine au temps des deux dynasties 
Han. Paris 1893. 
2) Laufer , Chinese pottery of the Han Dynasty, S. 68, Anm. 2, weist darauf hin, 
daß die Steine nicht datiert sind und daß die älteste Inschrift eines Besuchers erst aus 
dem Jahre 129 n. Chr. stammt. Der Herausgeber des Kin shih so, der die Steine 1821 
publizierte, gibt für die Entstehung das 1. Jahrhundert v. Chr. an, ohne weitere Beweise 
beizufügen. Diese Ansicht hat bisher Pal&ologue und Bushell übernommen, während 
Chavannes und nach ihm Hirth nach einem andern chinesischen Gelehrten das 1. Jahr- 
hundert n. Chr. annimmt. Es steht somit nichts weiter fest, als daß die Steine 129 n. Chr. 
vorhanden waren.
	        
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