692 Hanzeit — Mittelasiatischer Mischstil
auf galoppierendem Pferde, der nach hinten gewendet den Bogen abschießt,
scheint später in China vergessen zu sein, aber in Persien hat sie sich noch
unter den Sassaniden (226-636) erhalten. In Sibirien ist der Reiter, allerdings stets
nach vorn am Kopfe des Pferdes vorbeischießend, häufig gefunden. Erst in der Tang-
zeit, wohl unter einem neuen westlichen, wahrscheinlich persischen Einfluß, kommt
diese Darstellung wieder in Mode. Aus diesem häufigen Vorkommen der eigenartigen
Stellung des Reiters — bei dem gleichzeitigen Fehlen aller sonstigen Menschen-
darstellungen auf Töpfereien — können wir auf ein über ganz Asien verbreitetes
Motiv schließen, das in China zu einer Zeit nachgeformt wurde, als die individuali-
sierte Darstellung des Menschen noch nicht im Kunstgewerbe Eingang gefunden hatte.
Laufer hat auf einem Gefäß in der Sammlung Dana zu New York eine
Datierung aus dem Jahre 133 v. Chr. sefunden. Da die Steinrelieis erst im
Anfang der christlichen
Zeit gemeißelt sind, so
erscheint es wohl möglich,
daß diese typische Einzel-
form früher gemeißelt ist,
während die etwas älteren
Spiegel noch keine Men-
schendarstellung kennen.
Dagegen die Tiger
und Drachen (Abb. 48—57),
besonders in der Stellung
des fliegenden Galopps,
lassen mykenischen Einfluß
(s. 8.55) erkennen und
sind sicher Nachformungen
viel älterer Vorbilder. Aber
Töpfereien aus der frühen
Zeit, als die Bronzen be-
reits eine reiche Tier- und
Linienverzierung erhielten,
Abb. 58 Zylindrisches Gefäß aus Ton auf „Bären“füßen, Relief, auf sind nicht bekannt ge-
Bergspitze (rechts oben) Gemse mit aneinandergestellten Füßen und re
heruntergebeugtem Kopf, von hinten gesehen, Hanzeit, 206 v. Chr. worden. Damals dürften
bis 221 n. Chr. r anf: z
(Aus: Laufer, Chinese pottery of the Han Dynasty, Taf. LX) Ju einfache, schmucklose
Text s.8.57 und 63 Tongefäße verwendet wor-
den sein, während das
Material der kunstvollen Verzierung ausschließlich Bronze war. Erst in der Han-
zeit, auf Anregungen, die uns noch unbekannt sind, scheint das Tongefäß als
Kunstgegenstand zur Geltung gekommen zu sein. Die Verzierungen wurden
vertieft in Formen geschnitten und dann die ausgestanzten Reliefs auf die
glatte Tonfläche aufgelegt, mit einer gefärbten Glasur mit dem Untergrunde
zugleich überzogen und leicht gebrannt. 2
An Mykenäs Vorbilder erinnert!) der Eber im fliegenden Galopp (Abb. 47
und 52), der auch auf Goldplatten Sibiriens?) vorkommt, sowie der Tiger, der
auf skythischen Arbeiten sich häufig findet, während er nach Reinach®) in der
griechisch-römischen Kunst unbekannt ist.
!) Laufer, Chinese pottery of the Han Dynasty, S. 245.
) Originalstücke in der Eremitage zu St. Petersburg. Reinach, Kondakof und
Tolstoi, Antiquites de la Russie meridionale, 8. 395, Abb. 358.
3) Reinach, La repıesentation du galop dans l’art ancien et moderne, Paris 1900.
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