146 Bronze — Gefäße — Zweites Jahrtausend
Das zweite Jahrtausend
Der Buddhismus brachte neue Anschauungen und neue Kultgebräuche. Statt
der Opfer an Tieren und Feldfrüchten wurden Räucherkerzen verbrannt. Allmählich
fanden die alten Kunstformen auch für die neue Religion Verwendung und aus Ge-
fäßen, die einst zum Darbringen der Opfer der Natur an die uralten Götter erfunden
waren, stiegen wohlriechende Dünste zu Buddhas Ehre gen Himmel. Die gleiche
Art wurde seit dieser Zeit auch in den Ahnenhallen und in den Konfuzius ge-
weihten Tempeln (Abb. 244)
angewendet.
In der Tang-Sungzeit
war die alte Tradition der
Formen und Ornamentik
noch allmächtig, aber die
Linienführung (Abb. 245) ist
eine völlig veränderte. Der
wuchtige Kessel war früher
der wichtigste Teil der Urne,
dem Henkel und Füße nur
ihrer praktischen Bedeu-
tung entsprechend angefüst
waren. In der luxuriösen
malerischen Zeit der Im-
pression war ein neues Schön-
heitsideal entstanden. Ele-
sante Linienkurven mit dem
Reflexspiel des Lichtes auf
der fein geglätteten Fläche
wurden begehrt. So wurden
die im praktischen Gebrauch
unwesentlichen Henkel zum
Hauptträger der geschwun-
genen Linienführung, die
Abb. 244 Opfertisch vor dem Altar des Konfuzius mit Räuchergefäß ch ı d her:
und zwei Leuchtern an den Seiten; zwei Vasen mit Metallblumen SIC ın en star eLVOI-
auf Seitentischen. im Konfuziustempel, Peking tretenden Füßen fortsetzt
(Aus: Bushell, Chinese art, Bd. I) z
während der Kessel unter
dem breiten Halse völlig ver-
schwindet. Die Zweckmäßigkeit wurde verdrängt durch eine rein ästhetische Freude
an Linien und Formen. Aus einer Zweckform war eine dekorative Zierform geworden.
In der Mongolenzeit drangen neue Techniken und Formen nach China. Unter den
Mingherrschern (1368—1644) entstand neben der Nachbildung antiker Geläße
eine Blütezeit raffinierter moderner Techniken, die unter der jetzt regierenden
Dynastie weiter gepflegt wurden. Die alten Vorbilder blieben zwar stets
beibehalten, aber daneben entwickelte sich ein Mischstil aller bisher kennen ge-
lernter Stile. Besonders Pflanzenornamente (Abb. 247), Drachen, Löwen (Abb. 246,
250) und Fabeltiere sowie mehr realistische Darstellungen der Haus- und Hof-
tiere wurden bevorzugt. Die ernste, ruhige, einfache Form wurde aufgelöst in
viele geschwungene Linien und Schnörkel, die im unruhigen Durcheinander reich
und üppig wirken, aber.nicht jene feierliche Größe antiker Kultgefäße in sich
tragen. In dem Gewoge der Schnörkel erinnern nur noch einzelne gerade Linien,
die zum Beispiel am Rand zum Deckelaufsatz technisch notwendig blieben, an die