Kultgeräte — Figuren 175
Seit dem 12. Jahrhundert sind auch weltliche
Figurenbronzen bekannt geworden. Sicher sind
derartige Motive schon früher behandelt, aber jede Nach-
richt fehlt. So ist in Japan ein Räuchergefäß erhalten,
das einen Reiter, mit dem Glückszepter in Händen, auf
Fortsetzung der Anm. S. 174.
Um zu zeigen, wie sehr diese Unkenntnis der historischen
Einflüsse und die oberflächliche, rein ästhetische Betrachtungs-
weise in die Irre führt, greife ich ein Beispiel heraus. Kümmel,
(Illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes, Bd.II, S. 732) sagt
über die Töpferei der Hanzeit: „Die Bronzeformen beherrschen
die keramische Phantasie noch vollständig, und das Kohlenbecken
(ähnlich Abb. 372, b, 875) ist eine getreue Nachbildung einer
Bronze (ähnlich Abb. 291),
die zwar einige Jahrhunderte
jünger ist, aber mit ihren
Tierfüßen und der von dämo-
nischen Wesen und Tier-
gestalten belebten Bergland-
schaft einen bezeichnenden
Hantypus reproduziert.“
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Mingstil rein äußerlichen Ähnlichkeit, Tieren zwischen Berg- oder Wellen-
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(Originalaufnahme) die tief einschneidenden we- 6 jarelunder:
sentlichen Unterschiede er- (Aus: Kokka, Heft 114)
kennen. Das um viele Jahr-
hunderte ältere Tongefäß ist kein „Kohlenbecken“, sondern ein Opfergefäß aus viel-
leicht vorchristlicher Zeit, dessen runder Zylinder mit umgelestem, verziertem Band
in Formen gepreßte typische Tiergestalten, Jagdszenen und Berglinien als unteren
Abschluß aufweist (Bd. I, Abb. 47—51). Die drei Füße sind dem uralten Bärenkultus
(Bd.I, 8.58, Abb. 45—48) entlehnt, der heute nur noch bei den Ainos gepflegt wird.
Die stets sich wiederholenden Motive sowie die steife Ausführung sind zahlreich
auf Tonwaren gefunden worden und bilden einen für Chinas Hankeramik charakteristischen
eirenen Stil (s. 8.230). Bronzen dieser Art sind in China, nach unserer bisherigen
Kenntnis, niemals gegossen worden, vielmehr ist dieser keramische Stil dem Bronzestil
der Hanzeit ganz und gar nicht entsprechend. Die Jagdszenen weisen auf westasiatische
Vorbilder.
Dagegen ist das metallene Feuerbecken aus dem 6. Jahrhundert (Abb. 291) auf
keinen Fall dem Stile der Hanzeit angehörend, denn die Löwenfüße, das Berg- oder
Wellenornament, das rein dekorativ die ganze Fläche füllt, und vor allem die zwischen
die Ornamente eingepaßten Menschenfiguren zeigen deutlich einen ganz anderen Geist,
der erst unter dem buddhistisch-indischen Einfluß entstand. Letzterer hat sich aber in
China nicht in der Hanzeit, sondern frühestens im 4. Jahrhundert n. Chr. so verbreitet,
daß er die Ornamentik stark beeinflussen konnte. —
Kümmel selbst ahnt auch bereits die Unrichtigkeit seiner Theorien, da er weiter
sact (8. 733): „Die auf diesen Gefäßen“ (den älteren Tongefäßen) „nicht seltenen
Friese mit Darstellungen von Jagden auf Löwen oder Fabeltiere scheinen allerdings
nach Vorderasien zu weisen.“ Aber die bei Erkenntnis der Stile und der fremden
Einflüsse sich von selbst ergebende Konsequenz, daß diese viel älteren vorderasiatischen
Vorbilder einer anderen Kulturschicht angehören und daher gar nichts mit der viele Jahr-
hunderte später von Indien und Zentralasien eingeführten buddhistischen Kunstsprache zu
tun haben, zieht er nicht, da seine ästhetische Anschauungsweise ihn irrtümlich beeinflußt.