180 Bronze — Westliche Einflüsse
Abb. 301 Kleine Vase,
eiförmig, mit langem Abb. 302 Abb. 303
Hals aufhohlem Unter-
gestell, Bronze, glatte Abb. 302 Vase in Blasenform mit langem Hals. Abb. 303 Vase,
Oberfläche mit Silber- blasenförmig, mit hohem Randfuß, langer Hals .mit zwei
tauschierung, Samm- reliefierten Henkeln und vierfach ausgebuchtetem Abschluß
lung Knuth, Tsinanfu, Japanischer Privatbesitz. Bronze, Sungstil, 960—1280
Sungstil, 960 —1280 (Aus: Teishitsu hakubutsukwan kwansho roku, 1906)
(Originalaufnahme)
Auch in der schlanken Ausgestaltung (Abb. 300) älterer Kultformen erblicke ich
den gleichen Einfluß. Dieser Stil wurde später in Porzellan nachgebildet, und wir
werden ihn (8. 323) als charakteristisch für die Zeit des Kaisers Yungcheng (1723
bis 1736) kennen lernen. Die edle Ausführung dieser eleganten Bronzeformen fand
in der Tang- und Sungzeit (Abb. 301—303) ihren Höhepunkt. Die moderne Zeit hat
diesen Stil mit Vorliebe gepflegt und ältere Typen nachgegossen oder entsprechend
umgeformt, aber die Vornehmheit der älteren Arbeiten wurde nur selten erreicht.
In der glatten Haut und dem gerundeten Linienrhythmus ähneln einige Gefäße
(Abb. 304-306) denen des mittelasiatischen Stiles, aber statt der langgezogenen,
blasenförmigen Körperform ist mehr eine gedrungene, eiförmige, runde oder platt-
gedrückte bevorzugt. Auch gehört das Aufkommen dieser Gruppe in China,
soweit unsere heutige Erfahrung. reicht, erst einer späteren Zeit an.
Ein Zufall!) hat uns die Vorbilder dieser Gefäße kennen lernen lassen. Vor etwa
14 Jahren sind in Indien, in einer Steinkiste, Knochen und Aschenreste des Stifters
der buddhistischen Lehre, in gut erhaltenen Stein- und Glasgefäßen aufbewahrt,
gefunden worden (Abb. 307). Beim Nebeneinanderstellen der Büchsen können
wir deutlich erkennen, daß die in Japan erhaltenen Gefäße Nachahmungen aus
Gold und Kupferlegierung von den fast tausend Jahre älteren Steinformen Indiens
sind. Der pagodenförmige Aufsatz (Abb. 305) auf dem Deckel bestätigt den bud-
dhistisch-indischen Ursprung.?2) Auch die runde Büchse ist eine lokale Weiter-
entwicklung dieses Stiles (Abb. 309).
1) Rhys Davids, Recent discoveries concerning the Buddha, Century Magazine,
Bd. LXI, 8. 837. — Carus, Buddhist Relics, Open Üourt, Jan. 1910.
2) Ich weise besonders darauf hin, daß diese Form wesentlich abweicht von der
‚ähnlichen Form (Abb, 170), die als Hohlgefäß (Tou) in antiker Zeit in Holz geschnitzt oder
aus Bronze gegossen und als Schriftzeichen (Abb. 544) verwendet wurde. Die künstlerische
Durchführung zeigt wesentliche Unterschiede in Fuß, Höhe, Deckelknopf und Kesselform.
In China ist nichts zufällig geschaffen, sondern jeder kleinste Teil ist eine bedeutungsvolle
Zweckform. So bilden bereits die seitlichen runden Ösen bei den Opfergefäßen (Abb. 170)
einen wesentlichen zweckvollen Unterschied gegenüber obigen stets henkellosen Büchsen.