190 Bronze — Waffen
Waffen
Die Waffenkunde Chinas ist bisher wenig erforscht worden. Die europäische
Literatur gibt ebenso wie die chinesische ausschließlich!) eine Zusammenstellung
zahlreicher Zitate aus älteren Schriften über Krieg und Jagd mit ihren Erwähnungen
von Bogen und Schwert und sonstigen Kampfutensilien, aber es fehlt jede sachliche
Detailbeschreibung, durch die wir den künstlerischen Zeitstil der Ausführung
erkennen könnten. Originale sind aus ältester Zeit überhaupt nicht bekannt
geworden, und in den kaiserlichen Katalogen sind nur ganz wenige Bronzestücke
abgebildet, so daß keine vollständige Übersicht erlangt werden kann. Das Sammeln
von alten Waffen scheint in China nicht so wie dasjenige von Kultgefäßen und
Spiegeln gepflegt worden zu sein.
Die Kriegsführung von alter Zeit bis heute bestand in China nicht (Bd. I, 8.18)
im Einzelkampfe der Helden, wie bei den Griechen, Germanen und Japanern
im Altertume, sondern wie bei den Völkern Westasiens in der Massenbewegung
geschlossener Truppenkörper, die von den Generälen durch Signale geleitet wurden.
Die Persönlichkeit des einzelnen trat zurück. Der Feldherr siegte durch seinen
Schlachtplan.
Das Schachspiel,2) das in China auch in Volkskreisen sehr beliebt ist, gibt
einen Begriff von der Kriegskunst. Das älteste, schr komplizierte und abwechslungs-
reiche Spiel wird schon in den klassischen Schriften erwähnt. Es wird nur mit
flachen Steinen gespielt. In der Mitte des 1. Jahrtausends etwa kam ein neues Schach-
spiel auf, das einfacher war. Die Parteien sind durch den Grenzfluß in der Mitte
getrennt. Der König, der in China nur den Namen eines Generalissimus führt, ist
in seinen Bewegungen noch mehr beschränkt als in Europa, er darf nur die geraden,
nicht die diagonalen Linien schrittweise gehen und darf dem fremden „Generalissimus“
nie direkt gegenüber treten oder in seine Reihe einziehen, wenn nicht eine Figur,
die nicht weggezogen werden darf, zwischen ihnen steht. Es entspricht dem Hof-
zeremoniell, daß stets ein Vermittler notwendig ist, wie der Kaiser selbst der
Vermittler zwischen dem Volk und Gott ist. Auch die Minister, die Elefanten ®)
(unsere Läufer), die Pferde (unsere Springer) haben nicht so viel Bewegungsfreiheit
wie bei unserem Spiel. Die Hauptentscheidung bringen die Wagen (unsere Türme),
die Geschütze (ähnlich unseren Türmen) und die Bauern.
Aus dem Spiele lernen wir die einzelnen Waffengattungen kennen. Die Elefanten
sind nur eine Wachtgarde. Die Kavallerie, die Artillerie mit ihren Kanonen und
Wurfgeschossen, vor allem die Kampfwagen und die Fußsoldaten in ihrer Massen-
bewegung brachten die Entscheidung.
1) Plath, Das Kriegswesen der alten Chinesen. Bayr. Akademie der Wissenschaften,
1872. — Ch’in ting Ku chin t’u shu chi ch’eng, Große Enzyklopädie, 1725, Abt. VILF,
Nr. 267, Helm und Panzer, Abt. VILF, Nr. 270, Flaggen und Fahnen, Abt, VILF,
Nr. 286—291, Schwerter, Abt. VIIH, Nr. 148—162, Prunkwaffen.
2) ». Möllendorf, Das Schachspiel der Chinesen. Mittlg. d. deut. Ges. f. Natur- und
Völkerkunde Ostasiens, II, 1876. — Wilkinson, A manual of Chinese Chess, Shanghai
1893. — Culin, Chess and Playing-Cards, Washington 1898.
3) In China sind geschnitzte Figuren, wie sie als Exportarbeit nach Europa (siehe
Abschnitt über Elfenbeinschnitzerei) geliefert werden, unbekannt. Man verwendet einfache
rote und schwarze Steine, auf denen die unterschiedlichen Schriftzeichen angebracht sind,
Da verschiedene Schriftzeichen oft den gleichen Laut in der Aussprache haben, so ergeben